Latacunga und die Mama Negra

Offensichtlich wissen auch die Einwohner von Latacunga, wie man Feste feiert. Was wir heute erlebt haben, war wirklich unglaublich.

Der Tag begann mit einem leckeren Frühstück bei der 80-Jährigen Besitzerin unseres Hostels, die doch tatsächlich ursprünglich aus genau dem kleinen Ort in Palästina kommt, in dem meine Schwester vor vielen Jahren Aupairmädchen war, wo ich sie als 13-Jährige in den Weihnachtsferien besuchen durfte und wo, im Nachhinein gesehen, meine Begeisterung für das Reisen geboren ist. Das war natürlich eine tolle Gesprächsgrundlage und ich muss den Erfindern der Babbel-App langsam mal einen Präsentkorb als Dank schicken, denn inzwischen klappen solche Unterhaltungen immer besser auf Spanisch.

Nach diesem sehr anregenden Frühstück haben wir erst einmal, wie von der alten Dame empfohlen, die Dachterrasse mit einem sehr beeindruckenden Ausblick auf den Plaza und die umliegenden Vulkane erkundet. Da zu Ehren der Mama Negra schon morgens das Trommeln und die Musik der Blaskappellen durch die ganze Stadt schallte, nutzten wir die Dachterrasse als unsere private Tanzfläche und haben wild mit unseren eigenen Schatten, die wir, da es endlich mal wieder richtig sonnig war, auch gut sehen konnten, um die Wette getanzt.

Danach war für mich ein entspanntes Sonnenbad und für die Kinder Chillzeit am IPad angesagt. Als ich die Mädels dann motivieren wollte, uns die Parade auf dem Berg aus nächster Nähe anzusehen, indem ich den Absatz aus dem Reiseführer vorlas, der meines Erachtens eine fantastische und authentische Erfahrung versprach, schaute mich Sophie völlig schockiert an, denn sie konnte nicht verstehen, warum man sich von einem Schamanen mit Alkohol bespritzen und auspeitschen lassen sollte, um böse Geister zu vertreiben. Auch den Brauch, gebratene Schweine von gerösteten Meerschweinchen umgeben, neben Marienstatuen durch die Stadt getragen zu sehen, rief keine große Begeisterung hervor.

Schlussendlich war es dann der Hunger, der die Mädels aus der gemütlichen Unterkunft trieb und auf der Suche nach dem nächsten Restaurant sind wir doch ganz zufällig plötzlich auf die Parade gestoßen. Als Sophie die bunt gekleideten Tänzer sah, war sie die erste, die sich ganz nach vorne drängelte. Um ein gutes Foto von einem der bestimmt 50 Schweineschreine, die an uns vorbeigetragen wurden, zu machen, habe ich mich auch kurz vorgedrängelt und wurde doch tatsächlich zur Freude der Mädels, von einem Dreigespann von masken- und peitschentragenden Schamanen gepackt und mir wurden unter lautem Gekicher in aller Ausführlichkeit die bösen Geister ausgetrieben. Tatsächlich mit Peitschenhieben, Alkoholgesprenkel und Kräuterrauch, genau wie der Reiseführer versprochen hatte und ich kann nur hoffen, dass es gewirkt hat.

Im Anschluss kam zur Belohnung ein stattlicher Latino im pinkfarbenen Seidenjogginganzug und mit schwarz bemaltem Gesicht mit goldenen Mustern auf mich zu und schüttete mir irgendeinen recht lecker schmeckenden Likör in den Mund. Dabei erzählte er eine Geschichte von meinem reinen Herzen, die alle Umstehenden, die wahrscheinlich wirklich verstanden hatten, was genau es damit auf sich hatte, mit einem lauten Applaus quittierten. Mit hochrotem Kopf, aber doch deutlich beschwingter, machte ich mich dann mit den Kindern auf die Suche nach einem Restaurant fürs Mittagessen.

Wir entschieden uns für zwei Menüs des Tages, die immer locker für uns drei reichen und kehrten gut gesättigt und mit vielen neuen Eindrücken zurück in die Unterkunft. Den Rest des Tages beobachteten wir das wilde Treiben mit sicherem Abstand von der Dachterrasse aus und gönnten uns zum Abendessen einfach mal nur ein großes Eis, denn nach so einer verrückten Erfahrung, muss man es mal krachen lassen. Und das taten die lieben Latacunganer auch bis spät in die Nacht mit Musik und Feuerwerk, das wir im Bett liegend durch das große Fenster in unserem Zimmer sehen konnten.

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