Heute sollte nun also unser neues Abenteuer beginnen und wir waren schon sehr aufgeregt, unsere neue Reisegefährtin Jucy kennenzulernen. Wenn ihr euch jetzt fragt, wer Jucy ist, können wir nur sagen, ihr Anblick tut ein bisschen in den Augen weh, denn sie ist quietschgrün und lila, hat vier Räder und ist für den nächsten Monat unser Zuhause. Als der nette Mann von Jucy Rentals uns unseren kleinen Campervan vorstellte, waren wir total begeistert, denn sie hat wirklich alles, was wir brauchen und sogar mehr, als wir erwartet haben. Zum Beispiel gibt es drei Sitze vorne, sodass wir gemeinsam fahren, navigieren und quatschen können; zwei Doppelbetten, von denen eins aber schon groß genug ist, dass wir zur dritt darin kuscheln und lesen können, einen Tisch drinnen und einen draußen und eine Küche, die alles enthält, was wir brauchen. Das Schönste für mich war aber, dass der Spruch „The glass is half-full and the other half was delicious“, der auf der Schiebetür steht, quasi mein Lebensmantra ist.
Da ich schon online eingecheckt hatte, dauerte die Fahrzeugübernahme keine zwanzig Minuten. Dann ging es los und ich musste mich erst einmal wieder an das Fahren auf der linken Seite und die Größe des Fahrzeugs gewöhnen. Das fiel mir deutlich leichter als das Umgewöhnen an das Automatikgetriebe. Emma navigierte mich aber sicher zum Hondahändler, bei dem Pascal sein Motorrad in Empfang genommen hatte. Als wir ankamen, war er gerade dabei, seine ca. 35 Kilo Gepäck in den Motorradtaschen zu verteilen, was natürlich ein unmögliches Unterfangen war. Also stopften wir den Rest mit unseren Sachen in das Gepäckfach des Vans und nachdem die Kinder ebenfalls mit Helm, Handschuhen und Jacke ausgestattet worden waren, damit sie abwechselnd manchmal bei Pascal mitfahren können, ging es für uns drei weiter zum Supermarkt. Dort deckten wir uns für die ersten drei Tage mit Lebensmitteln ein und dann war es Zeit, ein Versprechen einzulösen, auf das Sophie nun schon seit Tagen hinfiebert. Unser nächster Stop war „The Warehouse“, wo Sophie sich völlig beseelt von dem Budget, das die Holland-Oma zur Verfügung gestellt hatte, zwei Barbies kaufte. Kurz hatte sie überlegt, ob sie nicht ihr gesamtes erspartes Taschengeld für ein Barbie-Wohnmobil ausgeben sollte, und ich sah mich schon mit dem riesigen Ungetüm im Bett schlafen, da sonst im Büschen nirgends Platz dafür wäre. Glücklicherweise sah sie aber die Schwierigkeit, ein solches Gefährt auf der weiteren Reise mitzunehmen und ich musste keine weitere Überzeugungsarbeit leisten.
Überzeugungsarbeit war aber bei Emma angesagt, die ja auch ein Budget von der Oma bekommen hatte, um sich einen Wunsch zu erfüllen. Etwas verloren streifte sie in der Spielzeugabteilung umher, schaute sich Lego an, wusste aber auch nicht so recht, was damit dann nach dem Zusammenbauen hätte passieren sollen. Die Rettung war aber nah, denn gleich neben den Spielsachen war die Buchabteilung und genau wie ich vor 20 Jahren, konnte Emma ob der günstigen Preise für ganze Buchreihen nur staunen. Das ist übrigens der Grund, warum ich vor 20 Jahren doch noch zum Harry Potter-Fan wurde, denn wer sagt schon Nein, wenn einem die ersten vier Bücher für damals nicht mal 10 Euro nachgeworfen werden und ich sowieso alle englischen Bücher, die mir in die Finger kamen, gelesen habe, um mein Englisch zu verbessern. Emma hat sich aber nicht für Harry Potter, sondern für Maze Runner entschieden und freut sich jetzt, dass sie die erste Buchreihe für ihren Traumbücherschrank nach der Reise schon hat. Wie die Bücher nach Deutschland kommen, müssen wir dann noch überlegen, aber jetzt macht sie sich dank der Holland-Oma erst einmal daran, ihre ersten Leseerfahrungen auf Englisch zu sammeln.
Auf der Weiterfahrt Richtung Norden setzte Sophie sich freiwillig hinten an den Tisch, um die Barbies auszupacken und sofort das Spielen anzufangen und so verging der erste Fahrtag wie im Flug und nach 200 Kilometern und einer Mittagspause mit leckerem Lachsbaguette, suchten wir uns einen Ort zum Schlafen. Als ich den Kindern von dem neuseeländischen Konzept des Freedom Campings erzählte, waren sie ganz begeistert und wollten das unbedingt gleich heute ausprobieren. Freedom Camping heißt, dass man sich mit einem Wohnmobil mit einem in sich geschlossenen System, also mit Toilette, überall hinstellen darf, wenn es nicht anderweitig ausgeschildert ist. Unsere Jucy hat dieses Siegel, auch wenn wir die eingebaute Toilette sicher nicht benutzen werden. Deswegen suchen wir uns Orte aus, wo es öffentliche Toiletten gibt und die explizit als Freedom Campings ausgeschildert sind und gleich heute hatten wir Glück und haben einen ganz tollen Ort gefunden, der nicht nur einen spektakulären Sonnenuntergang für uns im Gepäck hatte, sondern auch sehr saubere Toiletten. Als erstes Abendessen gab es Bohnen im Speck mit Bratkartoffeln und das Mini-Gefrierfach spendierte sogar noch ein Eis zum Nachtisch. Insgesamt also ein sehr gelungener erster Tag im neuen Zuhause.