Cape Reinga – wo zwei Meere sich treffen

Nachdem wir gestern völlig übermüdet schon um halb zehn nach dem spektakulären Sonnenuntergang ins Bett gegangen sind, fragte Sophie heute doch tatsächlich schon um halb sechs, wann sie denn aufstehen könnte. Da Emma und ich auch schon wach waren, entschieden wir uns für eine Vorlese-Session und wechselten uns bis halb sieben damit ab, Teile aus dem zweiten Harry Potter-Teil vorzulesen. Dann gab es ein schnelles Müslifrühstück und wir machten uns auf den Weg in den hohen Norden. Das war nicht nur eine gute Entscheidung, weil der Weg noch weit war, sondern auch weil wir so Zeugen wurden, wie der Morgennebel sich über der wunderschönen neuseeländischen Landschaft auflöste und es hätte mich nicht gewundert, wenn eine Elbe a la Tolkien um die Ecke gebogen wäre… Legolas hätten wir auf jeden Fall ein Stück mitgenommen, denn Emma hat ihn durch die Hobbitfilme, die sie nach der Lektüre schauen durfte, auch schon zu schätzen gelernt.

Nach etwa einer Stunde kamen wir genau zum rechten Moment an den Hundertwasser-Toiletten vorbei, die der österreichische Künstler 1999 kurz vor seinem Tod in seiner neuseeländischen Wahlheimat noch entworfen und sogar mitgebaut hat, vorbei und putzten dort die Zähne. Danach hörten die Mädels hinten Hörspiel, sodass ich beim Fahren verschiedenen neuseeländischen Radiosendern lauschen und nach Herzenslust bei den Liedern mitgröhlen konnte. An der Doubtless Bay machten wir einen kurzen Stopp, um den wunderschönen Cooper Beach zu bewundern, das erste Mal die Füße ins doch deutlich kältere Wasser zu strecken und uns die Beine ein bisschen bei einem Strandspaziergang zu vertreten. Als wir wieder los wollten, blieb ich leider mit dem Hinterrad im Schlamm stecken und blockierte mit unserem lila-grünen Gefährt die Durchfahrt. Während ich meine fehlenden Rückwärtsfahrfähigkeiten verfluchte, kam aber schon der Retter in der Not in Form eines sehr alten, aber auch sehr kompetenten Neuseeländers, der uns mit wenigen Worten und einem freundlichen Lächeln mit seinem Pickup aus dem Schlamm zog und uns dann einen schönen Urlaub wünschte… falls ich es vorher noch nicht erwähnt habe, möchte ich jetzt noch einmal sagen: Ich liebe Neuseeland und seine Bewohner!

Genau richtig zur Mittagszeit haben wir es dann bis zur nördlichsten Spitze Neuseelands, zum Cape Reinga geschafft. Nachdem wir uns mit einer Brotzeit gestärkt hatten, wanderten wir durch die Dühnen zum Leuchtturm und mussten alle paar Meter anhalten, um die spektakuläre Aussicht zu genießen. Für mich was es zwar schon das dritte Mal an diesem Ort, aber durch die Augen der Kinder und durch ihre Begeisterung habe ich seine Magie auch wieder ganz neu erlebt, denn hier treffen sich der Pazifik und die tasmanische See und dadurch entsteht ein unglaubliches Farbenspiel. Nach der Wanderung ging es dann nur noch 10 Minuten weiter zum DOC-Campingplatz direkt am Strand. DOC-Campingplätze sind ebenfalls sehr spartanisch, nicht umsonst, aber günstig und an den schönsten Orten Neuseelands. Während man 2011 noch das Geld in ein Kuvert am Fahrzeugspiegel hängen musste, geht die Bezahlung jetzt online. Das ist natürlich praktisch, nimmt aber doch ein bisschen des Charmes dieser Plätze.

Als wir gegen halb drei hier ankamen, war kaum etwas los und wir konnten uns den schönsten Platz mit der besten Aussicht aussuchen. Während Emma dann erst einmal pflichtbewusst Tagebuch schrieb, bastelten Sophie und ich ihrer Barbie aus einem der vielen blau-weißen Spültücher einen Badeanzug und dann ging es ab zum Strand. Während wir morgens in der Doubtless Bay noch gedacht hatten, das Wasser wäre uns zum Schwimmen zu kalt, tobten wir hier nun fast zwei Stunden durch die Wellen und schwammen in die Flußmündung, wo sowohl der Schlamm als auch ein Tarzanseil an einem Baum zum Spielen einluden. Sophie wollte gar nicht mehr weg. Als sie danach aber rausfand, dass die Duschen, mit denen man sich den Schlamm vom Körper waschen konnte und musste, auch eiskalt waren, fragte sie doch etwas empört, ob das mit dem Duschen überhaupt nötig sei. Durchgefroren aber glücklich kuschelten die Mädels sich danach im Wohnmobil zusammen, während ich zum Abendessen Cheeseburger mit Mais und Salat vorbereitete. Alle drei waren wir begeistert, wie lecker das Fleisch war, aber gleichzeitig überraschte es uns auch nicht, waren wir doch den ganzen Tag an saftig grünen Wiesen und wirklich kräftigen Rindern vorbeigefahren, die nicht nur im Gegensatz zu den tausenden Schafen, mit denen sie die Weiden teilen, riesig aussahen. Nach dem Abendessen war es dann Zeit für ein bisschen Heim- bzw. Buskino und auf Emmas Wunsch schauten wir den Film „Cruella“, den sie schon in Chile heruntergeladen hatte und den auch ich überraschend gut fand, was nicht zuletzt an den beiden brillianten Emmas (Stone und Thompson) in den Hauptrollen lag. Hätte Emma allerdings keinen Film heruntergeladen, wäre das mit dem Kinoabend hier auch nicht möglich gewesen, denn es gibt auf DOCs kein W-LAN und auf die mobilen Daten ist an solchen Orten wirklich kein Verlass. Deswegen weiß ich auch nicht, wann ich diesen Beitrag posten bzw. wann ich wieder Bilder hochladen kann, aber abgesehen davon oder trotzdem oder vielleicht sogar deswegen genießen wir die Abgeschiedenheit und auch den „digital detox“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert