Ninety Mile Beach – So weit die Pferde uns tragen

Zum beruhigenden Geräusch des Regens erwachten wir heute Morgen wieder recht früh und fuhren nach dem Frühstück erst einmal zu den riesigen Sanddünen, die am nördlichen Ende des Ninety-Mile-Beaches liegen. Da wir zu früh für das Ausleihen der Surfbretter waren und die Mädels sich das trotz meiner enthusiastischen Erzählungen, wie das Onkel Didi und ich vor 20 Jahren zusammen genossen haben, bei nassem Sand nicht so gut vorstellen konnten, fuhren wir nach einem kurzen Spaziergang weiter Richtung Süden.

Ganz wollte ich aber noch nicht aufgeben, denn die wüstenähnlichen Sanddünen und auch dieser enorm lange Strand sind etwas so Besonderes, das ich den Kindern gerne zeigen wollte. Bei der nächsten Pinkelpause schaute ich also noch einmal im Reiseführer nach Alternativen und fand doch tatsächlich in Ahipara, dem kleinen Örtchen am südlichen Ende des Ninety Mile Beaches ein vergleichsweise erschwingliches Angebot für einen Strandritt. Da stieg die Begeisterung in der Jucy doch gleich um einiges trotz des nassen Wetters an. Nachdem ich mit Selena von Ahipara Horse Treks telefoniert hatte und sie uns für mittags eingebucht hatte, falls es nicht mehr regnete, bat ich die Kinder, mal ein paar Stoßgebete zum Himmel zu schicken, damit es aufhörte.

Anscheinend haben die beiden einen guten Draht nach oben, denn je näher wir kamen, desto trockener wurde es und als wir letztlich ankamen, konnten wir wunderschön mit Blick auf die südlichen Dünen erst noch Brotzeit am Strand machen, bevor wir zur nah gelegenen Weide fuhren. Dort wartete Selena mit vier sehr großen, von Weitem mehr Erdferkeln ähnelnden Tieren auf uns und freute sich sehr, als wir ihr begeistert mitteilten, dass wir gern helfen würden, aus diesen Ferkelchen wieder Pferde zu machen. Schon bei den ersten Streicheleinheiten und Bürstenstrichen verliebten wir uns in die zugeteilten Pferde und konnten es kaum abwarten, aufzusteigen.

Erst gab es aber noch Helme und eine kurze Sicherheitsbelehrung, was den Hengst auf der Nachbarweide und die verschiedenen Reaktionen unserer Pferde auf ihn und auch auf die Wildpferde am Strand anging. Das fanden wir alle sehr spannend. Zum ersten Mal auf dieser Reise brauchten wir zum Aufsteigen bei der Größe der Pferde wieder einen Bock, aber trotz der Höhe fühlten wir uns auf den hervorragend eingerittenen Vierbeinern, die wie Selena uns erzählte, ebenfalls alle mal Wildpferde waren, die sie selbst eingeritten hatte, sehr sicher und wohl.

Nach einem kurzen Stück auf der Straße, wo wir uns von der Freundlichkeit und Rücksichtnahme der neuseeländischen Autofahrer überzeugen konnten, ging es durch Dünen, die mit wunderschönen Frühlingsblumen bedeckt waren, zum Strand. Dort schaute sich Selena dann an, wie wir in den verschiedenen Gangarten mit den Pferden zurecht kamen und lobte danach vor allem Emma sehr, die ihr Pferd sehr gut unter Kontrolle hatte und zeigte, was sie in den fünf Jahren Reitunterricht auf dem Schimmelhof in Bremen gelernt hatte.

Deswegen ist es jetzt einmal höchste Zeit, dass wir unseren lieben Reitlehrerinnen Claudia, Philina und Christin danken, deren Geduld und Können es uns ja überhaupt erst möglich gemacht haben, diesen Traum zu leben. Auch Sophie bekommt immer sehr viel Lob, wenn die Leute hören, dass sie erst zwei Jahre Reitunterricht hatte. Auch wenn ich wahrlich kein Reittalent bin, freue ich mich jedes Mal wieder, dass ich mir diesen Kindheitstraum durch die eigenen Kinder nun als Erwachsene noch wahr gemacht habe und langsam aber sicher könnten wir unsere Reise unter das Motto „Auf 80 Pferden um die Welt stellen“.

Das mit Abstand Beste an diesem Ritt war, dass Selena uns im Gegensatz zu allen Pferdebesitzern in Südamerika nicht entgeistert anschaute, als wir fragten, ob wir nach dem Reiten noch helfen bzw. auch einfach noch ein bisschen mit den Pferden abhängen könnten. Stattdessen schlug sie Emma und Sophie vor, ob sie mit den Shettys über Hindernisse springen wollten und sie bot uns lachend an, dass wir gern jedes ihrer 25 Pferde putzen dürften. Während die Kinder also mit den Miniponys spielten, holte ich die Hälfte unseres Karottenvorrats aus dem Wohnmobil und war kurze Zeit später der große Star auf der Pferdekoppel. Vor allem das mir zugeteilte Pferd namens Charly wich mir nicht mehr von der Seite und damit meine Kleider den gleichen Pferdegeruchslevel wie die der Kinder annahmen, schmuste ich mit ihm, bis es Zeit zum Abschiednehmen war, weil wir bis zur Bay of Islands noch knapp drei Stunden Fahrt vor uns hatten.

Aus meiner Erfahrung von früher ist es in Neuseeland immer lohnenswert, Anhalter mitzunehmen, weil die einem meist sehr interessante Geschichten erzählen und so hielt ich natürlich an, als ich von der Bergstraße kommend, einen jungen Maori an der A1 stehen sah. Er hüpfte fröhlich lachend hinten ins Wohnmobil, aber an eine echte Unterhaltung war leider nicht zu denken, da er zuerst quasi immer kaute, denn zu Emmas Staunen schob er sich einen Schokoriegel nach dem anderen in den Mund und es Emma danach gleich tat und einschlief.

Auch wenn die Unterhaltung also nicht so ergiebig war, wie erhofft, haben wir eine gute Tat getan und er bedankte sich beim Aussteigen überschwänglich bei uns und hätte den Kindern gern zum Dank einen Schokoriegel geschenkt, aber leider hatte er sie ja selbst alle aufgegessen. Keine halbe Stunde später erreichten wir dann den bisher ersten richtigen Campingplatz, bei dem zwar niemand mehr an der Rezeption war, aber die anderen Camper uns versicherten, dass wir uns einfach hinstellen und dann morgen bezahlen könnten. So stehen wir nun direkt am Wasser, was zwar wunderschön ist, aber leider auch viele Moskitos mit sich bringt. Deswegen bin ich jetzt schon gespannt, wer morgen beim Mückenstiche zählen gewinnt?

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