Orakei Korako reimt sich auf faules Ei und Hexenpo … genau wie Taupo

In der Früh wirkte unser Naturcampingplatz im Morgenlicht noch zauberhafter und ich ließ mir auf einem Stein sitzend die Haare von der Sonne trocknen, während die Kinder noch schliefen. Nachdem in den letzten Tagen erst Emma und dann Sophie eine Rotznase hatten, bin heute ich dran und ich hoffe, sie verabschiedet sich genauso schnell wieder wie bei den Kindern. Als wir allerdings bei unserem ersten Tagesziel mit dem lustigen Namen Orakei Korako ankamen, war ich fast dankbar, dass meine Nase verstopft war und ich nichts riechen konnte, denn die Mädels beschwerten sich bitterlich über den Schwefelgestank, der von den geothermischen Terrassen auf der anderen Seite des Sees herüberwehte.

Als wir aber mit dem Boot auf der anderen Seite ankamen, störte uns der Gestank schon weit weniger, weil die dazugehörige Vulkanlandschaft so faszinierend war. Während Emma begann, Sophie zu erklären, wie es zu diesen faszinierenden Verfärbungen kam, dachte Sophie sich lieber Geschichten aus, welche Hexe in welchem blubbernden Schlammbad ihre Suppe kochte, welche Zutaten diesen Geruch ergeben würden und in welchen kochenden Löchern sie bei Mondlicht baden. So hat eben jeder seinen eigenen Zugang zu einem solch ungewöhnlichen Naturphänomen. Nach gut zwei Stunden Wandern und Staunen, waren wir dann aber doch froh, die Hitze und den Gestank wieder hinter uns zu lassen, denn mein Kopf fühlte sich inzwischen, ob durch Erkältung oder Schwefelgeruch, an, als wäre er in Watte gepackt. Deswegen machten wir uns auf den Weg zu den spektakulären Huka-Wasserfällen nördlich von Taupo, die nur zwanzig Minuten entfernt waren und wo ich nach dem Mittagessen mal einen Mittagsschlaf am Fluss für mich einplante. Erst wanderten wir natürlich noch schnell zu den Wasserfällen. 

Gerade als ich es mir bequem gemacht hatte, fragte Emma, ob sie denn nun eigentlich hier in Taupo den Fallschirmsprung machen dürfte, den ich 2002 zusammen mit meinem Bruder gemacht hatte und den ich 2011 Pascal geschenkt hatte, als wir im Zuge der Elternzeit schon einmal einen Monat durch Neuseeland gereist waren und von dem wir ihr seitdem vorgeschwärmt haben. Irgendwie hatte ich ganz verdrängt, dass wir ihr die Genehmigung dafür zum zwölften Geburtstag geschenkt hatten, wenn sie sich das Geld dafür vom eigenen Taschengeld erspart. Ein Blick auf ihr Konto zeigte, dass sie das tatsächlich nun seit über einem Jahr getan hat und versprochen ist versprochen. Statt Mittagsschlaf rief ich also um halb drei bei Taupo Skydive an und fragte, ob Kinder das überhaupt dürften. Als das bejaht wurde, erkundigte ich mich nach möglichen Sprungzeiten und bekam die Antwort, dass um drei noch ein Platz frei wäre. Emma, die mitgehört hatte, strahlte und mir sackte das Herz mal wieder in die Hose. 

Wir packten alles ein und fuhren die kurze Strecke zum Flughafen von Taupo. Dort mussten wir dann erst einchecken, alle Sicherheitsbelehrungen mitmachen, wobei Sophie Emma schon für verrückt erklärte und ich noch hoffte, dass sie vielleicht doch noch einen Rückzieher machen würde. Aber wer Emma kennt, weiß, dass das, wenn es um Adrenalin geht, nicht ihre Art ist. Also setzten wir uns auf die ausgebollerten Sofas, auf denen sowohl mein Bruder und ich als auch Pascal vor vielen Jahren schon nervös darauf warteten, in rote Overalls gekleidet und in den Harnest eingeschnürt zu werden. Hier saßen wir dann fast eine Stunde und konnten zuschauen, wie die Fallschirme immer wieder eingepackt und noch zwei Gruppen vorher zum Absprung fertig gemacht wurden. Als dann endlich Emma und die anderen ihrer Gruppe aufgerufen wurden, ging alles ganz schnell. Ein etwas älterer Tandem-Master schnappte sich Emma, quatschte sie in tiefstem neuseeländischen Akzent voll und nahm ihr und mir die Nervosität. Dabei kam er mir irgendwie seltsam bekannt vor. Als Emma ihm erzählte, dass ich vor 20 Jahren auch hier gesprungen bin, erzählte er, dass er schon seit 1999 hier mit Touristen springe und fragte, wann genau ich hier gewesen sei. Das Datum wusste ich nicht mehr, aber ich konnte es auf die Zeit vom 10.-15.12.2002 eingrenzen. Da rannte er nochmal ins Büro, bevor er sich mit Emma auf den Weg zum Flugzeug machte.

Vom Abflug bis zur Durchsage „Three minutes to dropzone“ dauerte es keine fünf Minuten und Sophie und ich machten uns auf zur Landezone. Toll war, dass wir das Flugzeug die ganze Zeit sehen konnten. Als erstes sprang eine Frau aus 9.000 Fuß, dann kam Emma von 12.000 Fuß und wir zählten ungläubig die Sekunden ihres freien Falls und kamen tatsächlich auf mehr als die angekündigten 40 Sekunden, bevor der Pinke Fallschirm aufging. Dass danach noch zwei Touristen aus Singapur aus 15.000 Fuß und ein pensionierter Einheimischer aus sage und schreibe 18.500 Fuß sprang, interessierte Sophie und mich wenig und wir starrten stattdessen dem pinken Schirm nach, den Emma, wie sie uns später erzählte, sogar selbst lenken durfte. In atemberaubenden Tempo nahm der Schirm die letzte Kurve über uns und trotzdem landete der Tandem-Master dann samtweich und stehend mit Emma vor uns im Gras. Schon von Weitem konnten wir Emmas strahlendes Gesicht sehen und sie war total überwältigt.

Als wir dann zum Bezahlen zurück ins Büro kamen, gab es noch eine Überraschung für mich, denn tatsächlich hatte die nette Frau im Archiv gewühlt und ein Foto von mir mit genau dem gleichen Tandem-Master wie Emma bei meinem Sprung 2002 gefunden. Was für ein Zufall! Quasi als Treuebonus schenkte sie uns dann ein Foto von Emma, das im Flugzeug kurz vor dem Absprung gemacht worden war, das eigentlich 25 NZ-Dollar gekostet hätte. Nach so viel Aufregung und Glück fuhren wir zurück zu den Huka-Wasserfällen, wo es die einzige Freedom Camping-Möglichkeit in der Nähe von Taupo gibt. Im Gegensatz zu letzter Nacht waren wir aber nicht die einzigen mit dieser Idee und so reihten wir uns irgendwo zwischen die bestimmt schon 50 Wohnmobile ein und als wir parkten, sprachen die Nachbarn von einer Jucy Invasion, weil wir das ungefähr zehnte giftgrün-lila Büschen waren.

Nach dem Abendessen gab es dann auch für Sophie noch ein Highlight, denn da sie gestern den zweiten Band von Harry Potter zuende gelesen hat, haben wir angefangen, den dazugehörigen Film zu schauen, bei dem ich immer noch nicht fassen kann, dass er ab sechs freigegeben ist. Sophie fand die erste Hälfte toll, aber auch ein bisschen gruselig und so sind wir eng umschlungen und uns gegenseitig beim Gedanken an große Schlangen beschützend, eingeschlafen.

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