Faul und feurig

Nach drei Tagen gibt es nun wieder ein Lebenszeichen von uns. Über die ersten zwei gibt es eigentlich auch kaum etwas zu erzählen, außer dass wir unseren Vorsatz, auf Bali einfach mal nichts zu machen, ziemlich gut umgesetzt haben. Also eigentlich muss ich hier nur für mich sprechen, denn nach zweieinhalb Monaten Roadschooling in Neuseeland und Australien, wo Kopfrechnen mit Kilometerzahlen, Geschwindigkeiten und Spritpreisen, Grammatik, Erdkunde, Religion, Englisch und Sozialkunde auf dem Lehrplan standen, arbeiten die Mädels gerade sehr fleißig anderen Unterrichtsstoff nach. Während Sophie mit der Anton-App Mathe und Deutsch macht, kämpft sich Emma durch das Lateinbuch der neuen Schule und empört sich, dass da mit anderen als den ihr bekannten Vokabeln gearbeitet wird. Der erste Teil der Überschrift passt also eigentlich nur zu mir, denn ich schlafe viel, schwimme und kutschiere uns auf dem Roller durch die Gegend, wenn wir Hunger haben. Zum ersten Mal auf dieser Reise habe ich wieder Muse, etwas anderes als Reiseführer zu lesen und habe mich von Emma mit ihrer Begeisterung für die Throne of Glass-Buchreihe anstecken lassen. Um ehrlich zu sein, war es auch der Sonnenbrand, den wir uns am ersten Tag eingefangen haben, der uns hat langsam machen lassen, da wir nur früh und abends im Pool geschwommen sind, wenn er nicht in der Sonne war und uns sonst hauptsächlich im Schatten oder im klimatisierten Zimmer aufgehalten haben.

Gestern waren Sophie und ich nun das erste Mal allein zusammen unterwegs und haben uns eine Pediküre gegönnt. Für Sophie war es die erste professionelle, wenn man die bei Tante Lotte mal nicht mitzählt, und sie hat definitiv eine neue Leidenschaft entdeckt und freut sich jetzt schon, dass das ja in allen asiatischen Ländern, die wir noch besuchen wollen, sehr erschwinglich ist und das Reisebudget nicht sprengt. Dafür will sie in Zukunft auch gern ihr eigenes Taschengeld ausgeben. Die netten Damen im Spa freuten sich über Sophies Enthusiasmus und lächelten alle mit ihr um die Wette. Generell haben wir hier auf Bali das Gefühl, dass die Menschen mehr und herzlicher lächeln, als wir das von zuhause kennen. Sobald man Blickkontakt aufnimmt, erscheint auf dem Gesicht des Gegenübers wechselweise eine strahlende Reihe weißer Zähne oder je nach Alter auch mal nur eine dunkle Mundhöhle mit ein paar Zahnstümpfen, aber eins bleibt immer gleich – wenn das Lächeln kommt, scheint der ganze Körper mitzulächeln und es wird einem ganz warm von innen.

Warm wurde es uns auch bei der Feuertanzshow, die wir am Abend dann wieder alle zusammen im Tempel Puha Luhur besuchten. Eigentlich wollten wir die um 18.00 Uhr sehen. Da die aber bereits ausverkauft war, als wir um 17.00 Uhr ankamen, kauften wir Tickets für die zweite Show, die um 19.15 Uhr begann und im Nachhinein war das aus mehreren Gründen wieder einmal ein Glücksfall. Zuerst hatten wir dadurch noch Zeit, den Tempel zu erkunden und in Ruhe zu Abend zu essen. Wobei in Ruhe hier eigentlich nicht stimmt, denn während Sophie genüsslich in ihren gebratenen Hähnchenschenkel biss, sprang doch tatsächlich ein Affe auf unseren Tisch und grapschte sich zielsicher die Tomate von Sophies Teller, als ob er wüsste, dass das das Gemüse ist, das Sophie nie und auf keinen Fall isst. Alle drei kreischten wir zur Belustigung aller Gäste an den Nebentischen um die Wette und schlugen so den verdutzten Affen in die Flucht. Nach so viel Aufregung gönnten wir uns noch eine junge Kokosnuss, bevor wir zur Feuershow zurück in den Tempel liefen. In der Warteschlange konnten wir dann einen weiteren wunderschönen Sonnenuntergang genießen und auch die Aufführung war erst im Zwielicht und dann im Dunkeln sehr viel eindrucksvoller als im Hellen. Die Geschichte der vom Dämonenkönig entführten und vom weißen Affengott geretteten Prinzessin war zwar etwas kompliziert zu verstehen, vor allem weil wir erst nicht kapierten, dass manche der offensichtlich weiblichen Schauspielerinnen Männer darstellen sollten, aber insgesamt sehr unterhaltsam. Begleitet wird dieser Kecaktanz nicht von einem Orchester, sondern von einem Chor aus 70 Männern wirklich jeden Alters und Körperumfangs, der uns mit seinen manchmal mystischen, manchmal witzigen Klängen wirklich verzauberte. Als zum Höhepunkt der weiße Affengott verbrannt werden sollte, aber das Feuer besiegte und die Riesen, die ihn gefangen hatten, verjagte, hielt es niemanden mehr auf den unbequemen Steinstufen und das große, bunt gemischte, aber doch fast zur Hälfte aus Indonesiern bestehende Publikum begann wild zu klatschen und da waren wir natürlich dabei. Am Ende durfte man sich noch mit den Schauspielern fotografieren lassen und während sich alle nur um den weißen Affengott scharten, ließen sich Emma und Sophie lieber mit den anmutigen Tänzerinnen fotografieren, die den Prinz und die Prinzessin dargestellt hatten. Danach ging es im Dunkeln wieder auf dem Roller nach Hause und alle waren wir uns einig, dass es sich für diese Show gelohnt hat, unseren Vorsatz, nichts zu tun, zu brechen.

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