In Bangkok haben wir uns bei der netten Touristeninformation neben dem Nachtzug auch einen zweitägigen Dschungeltrek anquatschen lassen, ohne eigentlich genau zu wissen, was hier auf uns zukommt und jetzt, wo wir wieder zurück in unserem schicken Hotel in Chiang Mai sitzen, was wir uns ebenfalls dort in einem Gesamtpaket haben buchen lassen, können wir ehrlich sagen, dass diese zwei Tage ein absolutes Highlight unserer Reise waren.
Das lag sowohl an den Aktivitäten als auch an der Gruppe. Insgesamt waren wir 14 Leute. Außer uns noch zwei junge deutsche Pärchen, die beide für einen knappen Monat hier Urlaub machen, einander aber auch nicht kannten und mit denen Emma und Sophie sich sehr viel zu erzählen hatten; drei englische Jungs, die letztes Jahr Abitur gemacht und bis jetzt gearbeitet haben, um nun bis zum Studienbeginn zu reisen und die mich so sehr an meine Jungs aus der 10a auf der Klassenfahrt nach München erinnerten, dass ich sie sofort ins Herz schloss; drei junge Kanadier, die ebenfalls noch vor dem Studium reisen und eine Französin, die nach dem Bachelor in Architektur auf einem Sinnfindungstrip ist. Insgesamt waren wir drei also im Schnitt mal wieder ungefähr so alt wie der Rest. Dass ich deutlich älter als alle anderen war, macht mir dabei nichts aus, sondern es ist wie, wenn ich mit meinen Schülern unterwegs bin und ich finde es immer wieder spannend zu hören und zu sehen, was diese jungen Reisenden antreibt, was sie planen und wie sie mit Emma und Sophie umgehen.
Der erste Aktionspunkt war dann eine Bambusraftingtour. Die Rafts bestanden dabei wie der Name schon sagt lediglich aus ein paar dicken, etwa fünf Meter langen Bambusstämmen, die mit Fahrradschläuchen zusammengehalten wurden und von pickeligen Pubertieren durch den an manchen Stellen ganz schön schnell fließenden Fluss bugsiert wurden. Auf jedem saßen drei von uns mit durchnässten Hintern, weil die Konstruktion das Floß nicht immer oberhalb des Wasserpegels hielt und man so also regelmäßig von unten kaltes Wasser abbekam. Während die Mädels unserem angeblich schon achtzehnjährigen Kapitän immer mal wieder den Stock zum Steuern abnahmen, entspannte ich mich lieber ganz hinten, da ich Angst hatte, von den wackligen Bambusrohren zu fallen, sollte ich aufstehen. So hatte ich Zeit, die recht unberührte vorbeiziehende Landschaft, aber auch den im Unterholz hängenden Müll zu betrachten. Immer wieder sahen wir am Flussufer auch Kühe, Wasserbüffel und dann auch Elefanten, was wir drei Mädels zur Verwunderung unseres Bootsführers, für den das Alltag ist, immer mit begeistertem Quietschen quittierten.
Nach der Bootstour wanderten wir unseren zwei Guides hinterher in den Dschungel, der aber mehr einem Laubwald, wie wir ihn von zu Hause kennen, ähnelte. Nur die Geräusche erinnerten uns an den Amazonas. Begleitet wurden wir von zwei Straßenhunden, die Sophie natürlich sofort ins Herz schloss und bei jeder Gelegenheit streichelte. Bei einer ersten Pause an einem kleinen Wasserfall gab es für jeden ein Lunchpaket aus gebratenem Reis und leckere Fruchtsmoothies. Danach ging es weiter zu einem weiteren Wasserfall, wo wir die ersten Elefanten aus der Nähe sahen. Während wir alle mit Fotos machen beschäftigt waren, kam es zu einem Kampf zwischen einem der uns begleitenden Hunde und zwei Hunden, die diesen Teil des Flusses wohl als ihr Revier sahen. Tatsächlich griffen sie gemeinsam unseren kleinen Begleiter an und versperrten ihm den Rückweg auf unsere Flusseite über die Hängebrücke. Der Kleine war so verzweifelt, dass er versuchte den reißenden Fluss schwimmend zu überqueren, aber schnell wurde klar, dass er dafür nicht genug Kraft hatte. Als ich das sah, rannte ich los, um ihm zu helfen und mit Hilfe eines der Wanderstöcke, die unsere Guides uns geschnitzt hatten und an dem sich der völlig erschöpfte Hund festbeißen konnte, schaffte ich es, ihn an Land zu ziehen. Während ich nun als Hunderetterin beglückwünscht wurde, war mein einziger Gedanke eigentlich gewesen, Sophie den Anblick eines ertrinkenden Hunds zu ersparen. Als die zwei aggressiven Hunde von der anderen Seite den kleinen aber auch nach der Flussüberquerung nicht in Ruhe lassen wollten, standen wir ihm als Gruppe mit Wanderstöcken bewaffnet geschlossen bei und dementsprechend humpelte er auch den Rest des Weges zu unserer Bambusunterkunft dankbar mit uns mit.
Bei der Unterkunft handelte es sich wirklich um eine aus Bambus gebaute Hütte mit einem Dach aus großen überlappenden Blättern, in der wir alle 14 auf dünnen Matratzen unter Moskitonetzen schliefen. Das überraschend leckere Essen gab es draußen an einem großen Holztisch und es gab sogar zwei Wassertoiletten in einem lidschäftigen Häuschen, deren Hygienestandards fast alles bisher Erlebte untertrafen, aber wer uns schon ein bisschen länger auf dieser Reise folgt, weiß ja, dass wir hier nicht sonderlich zart besaitet sind. Als dann noch vor dem Abendessen die Elefanten beim Abendspaziergang vorbeikamen, um das leckere Gras hinter unserer Unterkunft zu fressen, war auch jegliche Unwägbarkeit der Unterkunft vergessen, denn noch nie waren wir so nahe an Elefanten in ihrem natürlichen Lebensraum gewesen und während Sophie im ersten Moment noch etwas Respekt vor der Größe dieser sanften Riesen hatte, war es um mich und Emma sofort geschehen. Als dann aber das vierjährige Elefantenbaby mit seiner wieder schwangeren Mutter vorbei kam, das im Vergleich zu den Erwachsenen sehr schnell unterwegs war, gab es auch bei Sophie kein Halten mehr und sie ging gemeinsam mit Emma und dem süßen Elefanten im Abendlicht über die Reisfelder spazieren. Der Besitzer der Elefanten erzählte uns seine Familiengeschichte, die über mehrere Generationen eng mit den Elefanten verbunden ist. Während sein Großvater die Elefanten noch für die Waldarbeit nutzte, bildete sein Vater sie für Elefantenritte für Touristen aus. Da das seit mehreren Jahren hier ja als verpönt gilt, trainiert er seine Elefanten nun, brav für Touristen zu posieren, sie beim Bad mit Wasser vollzuspritzen und sich von ihnen waschen zu lassen. Inwieweit das artgerechter bzw. besser ist, weiß ich nicht, aber ich kann nur sagen, dass wir hier schon das Gefühl bekommen haben, dass diese Elefanten kein schweres Leben haben, sondern vor allem geliebt und verhätschelt werden, wie bei uns die Haustiere. Wenn man bedenkt, was ein Elefant hier kostet, wäre es auch sehr verwunderlich, wenn die Leute sich nicht gut um diese enorme Finanzanlage kümmern würden. Das Decken lassen der Elefantendame kostet zum Beispiel etwa 4000 Euro und die kleine vierjährige Elefantendame könnte man für 80.000 Euro verkaufen.
Während ich nach dem Abendessen eine recht erschöpfte Sophie ins Bett brachte, blieb Emma bei den jungen Leuten unserer Gruppe draußen am Feuer sitzen und sah mit großen Augen zu, wie diese nicht nur den Biervorrat der Unterkunft, sondern auch den Grasvorrat der Elefantenpfleger plünderten und so high und beschwingt in den Abend starteten. Als ich zurückkam, fing unser Guide an, uns geometrische und mathematische Rätsel zu stellen und Emma hätte ihren alten Mathelehrer sicher sehr stolz gemacht, da sie tatsächlich eins als erste lösen konnte. Jetzt könnte man das natürlich auf die Rauschmitteleinnahme der anderen schieben, aber die deutschen Mitreisenden waren hier mit Emma abstinent geblieben. Leider hatte der eine junge Mann das Essen wohl nicht so gut vertragen und musste die Nacht mehr spuckend als schlafend verbringen. Als dann auch Emma erschöpft unters Moskitonetz kroch, unterhielt ich mich noch sehr angeregt mit dem Elefantenbesitzer, der sich recht ungeniert und interessiert nach unserer Familiensituation erkundigte. Da ich daraus nie einen Hehl mache, endete der Abend für mich mit dem Angebot, ob nicht einer unserer Guides eine gute Partie für mich wäre, da die Kinder und ich doch so begeistert von den Elefanten sind und wir sie dann immer um uns hätten. Schmunzelnd lehnte ich das nett gemeinte Angebot ab. Als wir am nächsten Morgen dann nach dem Frühstück erst die Elefanten mit Matsch beschmieren durften und ich dabei unter dem Gelächter der anderen von der kleinen Elefantendame Pönang mehrere ordentlich Matschduschen abbekam und dadurch nicht nur jegliche Zurückhaltung verlor und die kindlichen Glücksgefühle beim Matschspielen wieder entdeckte, war das Angebot doch eine zweite Überlegung wert. Voller Begeisterung begleiteten wir die Elefanten von der Matschgrube in den Fluss und wuschen ihnen und uns den Dreck von der Haut. Kaum waren wir fertig, stiefelten die Elefanten aus dem Wasser und genehmigten sich eine Staubdusche, Pönang wälzte sich sogar genüsslich darin und so verstanden wir, dass es wirklich für alle Touristen genug zum Waschen gibt.
Danach mussten wir schweren Herzens Abschied von den Elefanten nehmen und wanderten weiter zu einem der schönsten Wasserfälle, die wir auf dieser Reise gesehen haben. Vorher hatte ich gedacht, dass ich im Nacken irgendwie eine allergische Reaktion hätte, als ich mir dann aber unter dem harten Strahl des Wasserfalls den Zopf aufmachte und meine Haare wusch, fand ich darin jede Menge Ameisen, die mich wohl gebissen hatten. Deswegen harrte ich etwas länger unter dem kalten Wasser aus, während Emma und Sophie lieber auf den Steinen kletterten. Danach ging es nur noch zurück zum Gruppentaxi und nach einer kurvigen anderthalbstündigen Fahrt freuten wir uns tatsächlich auf unser schickes Hotel und dessen Pool, mit dem wir die anderen, die mit den Hotels nicht so viel Glück hatten, vielleicht ein ganz klein bisschen neidisch gemacht haben.