Absturz nach dem Höhenflug

Beim letzten Eintrag habe ich noch über einen der schönsten Tage dieser Reise berichtet, aber auf die letzten beiden Tage hätte ich auch gut verzichten können. Gestern stand morgens erst wieder das Packen der Rucksäcke an, was mir nach unserer Reisepause in Arusha auf einmal viel schwerer von der Hand geht. Danach stand der Fußweg zurück zur Bushaltestelle an, auf dem Sophie auf einem der Matschwege ausrutschte. Glücklicherweise fing ihr Rucksack den Fall auf, aber sie schürfte sich trotzdem die Hand auf. Hier konnten wir uns zwar wieder von der Hilfsbereitschaft der Einheimischen überzeugen, die sofort mit Wasser herbeieilten, damit wir die matschverkrustete Sophie wieder sauber waschen konnten, und uns dann wieder durch Hütten und Gärten auf dem trockenen Weg zum Ziel brachten, aber trotzdem hätte ich Sophie den Fall gern erspart, aber Autos können hier momentan in der Regenzeit gar nicht fahren und Pikipiki waren mit unserem Gepäck keine Option.

Mit einem Dalladalla ging es zurück nach Stonetown, von wo aus wir die Fähre nach Dar Es Salaam nahmen. Dabei handelte es sich um eine schicke Touristenfähre, die uns in nicht einmal zwei Stunden zurück ans Festland brachte. Trotz des modernen Bootes erinnerte uns die Überfahrt stark an Galapagos, da auch hier jeder zweite Passagier seekrank zu werden schien. Diesmal hatte Emma aber mehr Glück und schlief sofort ein. Sophie und ich dagegen klammerten uns mit Kotztüten in der Hand fest aneinander und ich war sehr erleichtert, als auch Sophie irgendwann auf meinem Schoß einschlief und nicht mehr mitbekam, wie eine Frau vor uns ohnmächtig wurde und von den Stewarts ins Krankenzimmer getragen wurde. In Dar Es Salaam wartete dann eine Unzahl an aufdringlichen Taxifahrern auf die Passagiere. Auf der App Bolt, was hier wie Uber benutzt wird, hatte ich mir schon eine ungefähre Vorstellung gemacht, was die Fahrt zu unserem Hotel kosten würde und hatte dadurch eigentlich eine gute Verhandlungsbasis. Als ein angeblicher Fahrer uns eine Fahrt für unwesentlich mehr anbot, ließ ich mich darauf ein. Er führte uns zu einem sehr ordentlich aussehenden Van, ließ mich dann aber allein das Gepäck und die immer noch leicht grün gesichtigen Kinder einladen, bevor er nach einem Trinkgeld fragte, weil es gar nicht sein Auto war, sondern er nur der Vermittler. Als ich ihm das, weil ich kein Kleingeld mehr hatte, freundlich verweigerte und er dann sagte, dass dieses Auto uns wegen einer Baustelle doch nicht zum Hotel bringen könnte, sondern dass wir ein Tuktuk nehmen sollten, was auf Bolt nicht einmal ein Drittel des vereinbarten Preises kostete, weil es viel unsicherer und dadurch für uns keine Option war, fuhr ich zum ersten Mal auf dieser Reise aus der Haut und brüllte die versammelten Taxifahrer an, dass ich die Nase voll von ihren betrügerischen Maschen hätte, dass ich hier allein mit zwei Kindern unterwegs sei, denen es offensichtlich beiden nicht gut geht, dass sie aufhören sollten, mich schleimscheißerig Madam Mama zu nennen, um mich dann abzocken zu wollen. Die Herrschaften sahen allesamt schockiert aus der Wäsche, machten aber schnell Platz, als ich verkündete mit keinem von ihnen mehr zu fahren, sondern uns nun doch ein Auto über Bolt zu bestellen. Als einer noch einwenden wollte, dass ich auf das Boltauto aber eine halbe Stunde warten müsse, das mir die App in nur 200 Meter Entfernung anzeigte, war mein Blick wohl so wütend, dass er schnell still war.

Im Nachhinein schäme ich mich natürlich für meinen Wutausbruch, denn die Situation hätte ich ja leicht umgehen können, hätte ich gleich ein Bolt bestellt und wäre nicht naiv mit dem erstbesten Aufdringling mitgegangen, aber diese Dünnhäutigkeit in einer typischen Reisesituation, meine Unlust zum Packen als auch das, was uns heute passiert ist, zeigen wohl, dass auch bei mir langsam die Luft raus ist, was das Reisen angeht.

Nachdem wir gestern Abend nämlich in dem sehr gemütlichen Hotel in Flughafennähe angekommen waren, gingen wir schnell ins Bett, da wir heute Morgen schon wieder kurz nach fünf los mussten, da unser Flug um 7.40 Uhr gehen sollte. Am Flughafen reihten wir uns direkt am Check-In-Schalter ein, als Sophie plötzlich sagte, dass sie schlimme Bauchschmerzen hätte. Da die Toilette direkt neben unserem Schalter war, ließ ich sie allein gehen und gab unsere Reisepässe der Dame vom Bodenpersonal. Sie war ungewöhnlich lang mit ihnen beschäftigt, fragte mich dann nach dem Ticket, das ich ihr auf dem Handy zeigte, schickte mich dann zu einer Kollegin, die schlussendlich herausfand, dass wir nicht einchecken konnten, da ich den Flug für morgen und nicht heute gebucht hatte. Gern hätte ich die Schuld ja wieder auf Opodo geschoben, aber diesmal war es ganz allein meine. Da ich aber das Mietauto und den Platz auf der Farm sehr wohl ab heute gebucht hatte, fragte ich, ob es noch die Möglichkeit zum Umbuchen gab. Dafür schickten sie mich zum Airlineschalter. Sophie war inzwischen wieder da, aber wieder leicht grün um die Nase. Während ich also versuchte, das Umbuchen in die Wege zu leiten, setzte Emma sich mit Sophie im Arm in den Wartebereich. Nach etwa einer halben Stunde war klar, dass wir für einen Aufpreis umbuchen konnten, aber mal wieder, wie in Afrika so oft, konnte man das nur bar und nicht mit Kreditkarte bezahlen, was im Nachhinein aber unser Glück war. Während ich nämlich den nächsten Geldautomaten suchte, kamen mir die Mädels entgegen und ich sah auf den ersten Blick, dass Sophie nun definitiv zu krank zum Fliegen war, da sie sich hatte übergeben müssen und sich kaum auf den Beinen halten konnte. Also sah ich das als Zeichen, den Flug von morgen zu behalten, buchte uns schnell eine weitere Nacht in unserem Hotel und ein Bolt zurück dahin.

Während Sophie sich von Emma begleitet nochmal ins Bett legte, klärte ich mit dem Reiterhof ganz unkompliziert, dass wir einen Tag später kämen. Mit dem Mietauto gestaltete sich das deutlich schwieriger, da ich keine Reaktionen auf meine Emails bekam und weder die deutsche Hotline noch die südafrikanische Firma von hier aus anrufen konnte. Wieder einmal war aber Verlass auf meine Familie und meine Schwester und mein Schwager übernahmen diese Anrufe für mich und schafften es, das Auto auf morgen umzubuchen, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin. Als dann auch noch Sophie mit einer gesunden Gesichtsfarbe und großem Hunger aufwachte und den Rest des Tages fröhlich und fit war, konnte ich langsam wieder aufatmen. Solche „Abstürze“ nach einem Höhenflug gehören auf so einer langen Reise einfach dazu, aber vielleicht sind sie auch ein Zeichen dafür, dass es an der Zeit ist, dass unsere Reise nach dem nächsten Abenteuer zuende geht?

Ein Gedanke zu „Absturz nach dem Höhenflug“

  1. Wenn man sieht, wo ihr überall wart und wenn man die Beiträge liest, könnte man echt neidisch werden. Bald ist eure Reise mit allen tollen und auch weniger schönen Ereignissen vorbei. Genießt noch die restliche Zeit. Wenn ihr mal in Bremen seid, kommt würden wir uns freuen, euch zu sehen. Evelyn kümmert sich hier derweil super um „eure“ Pferde. Auch wenn ihr in der vergangenen Zeit auf vielen anderen Pferderennen gesessen habt. Beste Grüße aus dem Sonnigen Bremen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert