Angekommen im Pferdeparadies

Am Montagmorgen machten wir uns mit nur einem kleinen Umweg über den Handyladen, weil Emmas altes Handy den Geist aufgegeben hatte, auf den dreistündigen Weg zur Khaya Hanci Horse & Game Farm, die sich tatsächlich als Ort unserer Träume herausstellte. Gefühlt mitten im Nirgendwo mussten wir auf einen Feldweg abbiegen und dann noch weitere elf Kilometer an vielen Zäunen entlang in den Busch fahren, bevor wir endlich vor dem Tor des Pferdehofes standen, das wiederum so weit vom Farmhaus entfernt ist, dass der Besitzer Jürgen, der ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen stammt, aber mit seiner Frau Uli seit über zehn Jahren in Afrika lebt, mit einem offenen Geländefahrzeug, das man hier Bakkie nennt, angefahren kam, um uns abzuholen. Am Haupthaus angekommen empfingen uns erst einmal die drei Kangalwelpen, die mit ihren 8 bis 10 Monaten bereits die größten Hunde waren, die ich je aus der Nähe gesehen habe, aber trotz ihrer Größe eben noch verspielte Welpen sind. Außerdem gibt es auf dem Hof noch drei Ridgebacks, drei Schäferhunde und mit einem Mops und einem Zwergpinscher auch noch zwei kleine Exemplare und Sophie war sofort im Hundehimmel. Dass nächste Woche auch noch zwei weitere nur acht Wochen alte Kangalwelpen dazukommen, lässt Sophie schon vor Aufregung in die Luft springen, was man in der Nähe der größeren Welpen aber vermeiden sollte, weil sie das als Einladung sehen, auf einen drauf zu springen. Nachdem Jürgen uns schonmal die Grundzüge der 450 Hektar großen Gamefarm mit einer Büffelherde, Zebras, Giraffen, Gnus, vielen verschiedenen Antilopenarten und auch mehreren Leoparden erklärte, kamen Uli und Marlie an. Marlie ist neben den vier schwarzen Angestellten, die sich um Haus und Hof kümmern, auf dem gerade auch noch eine Hühner- und Schafzucht aufgebaut wird, die Fünfte und hauptsächlich für die 19 Pferde verantwortlich. Sie wohnt mit uns im Buschcamp auf einem der nahen Hügel und hat mit ihren nur 25 Jahren schon ein unglaubliches Pferde-KnowHow. Trotzdem lernt auch sie noch täglich Neues von Uli und Jürgen, die bereits im Großelternalter sind und ein Leben lang Erfahrung mit unseren Lieblingstieren mitbringen. Der Nachmittag verging mit ihr dann wie im Flug, denn sie stellte uns nicht nur die Hühner und Schafe, sondern auch die 19 Pferde, die tagsüber im nahegelegenen Camp 6 gehalten werden, damit man sie relativ einfach zum Putzen und zur Arbeit im Ring oder auf dem Reitplatz reinholen kann und nur nachts auf das riesige Areal gelassen werden, vor. Für diese teilweise traumatisierten Pferde, die Uli und Jürgen aus den unterschiedlichsten Szenarien, in denen sie oft vernachlässigt oder sogar misshandelt worden waren, gerettet haben, ist der tägliche Kontakt mit Menschen sehr wichtig, damit sie wieder Vertrauen fassen. Schon an diesem ersten Nachmittag staunten wir, mit wieviel Geduld, Pferdeverstand und Tierliebe hier gearbeitet wird und viel zu schnell war der Tag vorbei und wir stiegen mit Marli in eins der kleineren Bakkies um die zehnminütige Fahrt zum Buschcamp anzugehen. Als Sophie fragte, ob wir nicht laufen könnten, erklärte Jürgen, dass das auf der Gamefarm mit den wilden Tieren absolut verboten sei und wir uns nur im eingezäunten Bereich des Hofes und des Buschcamps frei bewegen können. Im Bereich der wilden Tiere geht das nur im Geländewagen oder auf dem Pferderücken, weil die unter anderem aggressiven Büffel daran gewöhnt sind und trotzdem wird nur in den Teilen geritten, bei denen man weiß, dass die Büffelherde weit entfernt ist, um unangenehme Begegnungen auszuschließen. Im Buschcamp angekommen machte Marli im Nu ein Feuer, während wir unser supercooles Buschchalet bezogen und unsere Rucksäcke auspackten. Zum Abendessen kochten wir uns dann zusammen Rinderfilets, Kartoffelwedges und Salat, was alles für uns in der super ausgestatteten Außenküche bereit lag. Gegessen wurde im überdachten Unterstand mit dem Feuer und einer wunderschönen Abenddämmerung vor der Nase und wir konnten kaum fassen, dass das nun für den Rest der Reise unser Zuhause sein würde.

Ins Bett gehen wie bei Zeiten, da unser Arbeitstag um zehn vor sieben mit der Fahrt zurück zum Hof beginnt, wo wir dann direkt die Futtereimer für die Pferde vorbereiten, sie großzügig auf Camp fünf verteilen, bevor die Fahrt auf dem Pickup los geht, um die Pferde zu suchen und mit lauten „Komm, Yalla, komm“-Rufen zum Frühstück zu holen. Während die Pferde futtern, trinkt Marli ihren ersten Kaffee, aber für uns ist es so faszinierend, die Pferde beim Fressen zu beobachten, bei dem sich schon die Rangordnung der Herde und auch die Charakterzüge der einzelnen zeigt, dass wir lieber dabei bleiben und dadurch konnten wir am Ende des zweiten Tages schon alle Namen, die vorrangig aus dem Land der Schokoriegel stammen, den Tieren zuordnen. Während Emma sofort einen Narren an Oreo gefressen hatte, war Sophie vor allem von Popcorns und After Eights Freundschaft begeistert, während ich den verschmusten Milky Way kraulte. Schon am zweiten Tag durften wir auf Bounty und Twix das erste Mal reiten und haben schon dabei unendlich viele wertvolle Tips bekommen. Nach dem Frühstück arbeitet Marli zuerst immer mit Hanuta, weil der noch am wenigsten an Menschen gewöhnt ist und dabei haben wir bereits die Grundlagen des Longierens gelernt. Täglich wird mit 7 bis 9 Pferden gearbeitet, sodass wir schon viele kennenlernen durften. Neben der Pferdepflege gehört zu unseren Aufgaben auch, die befruchteten Eier aus dem Hühnerstall zu holen und sie in die Brutkästen zu stecken, nach den jungen Hühnern zu sehen. Pferdeäpfel für die Kompostierung zu sammeln, die Hunde zu streicheln, das reife Gemüse aus dem riesigen Garten zu ernten, das dann zum Abendessen aufzuessen und zu guter Letzt gehört es auch zu unserem neuen Alltag, Jürgen, Uli und Marli auf fast täglichen Gamedrives zu begleiten, bei denen die Chips der Kameras ausgewechselt werden, um sich damit dann auf dem Computer anzuschauen, was die Tiere tagsüber und auch nachts so treiben. Live haben wir auf diesen Fahrten bereits beobachten können, wie die halbstarken Giraffen ihre ersten Paarungsversuche unternommen haben und auch den sehr seltenen Albino-Büffel haben wir schon zu Gesicht bekommen. All das fühlt sich für uns so gar nicht nach Arbeit an, sondern wie der absolut krönende Abschluss dieses fantastischen Jahres und einmal mehr können wir unser Glück nicht fassen.

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