Am Dienstag war nun unser letzter Arbeitstag auf der Farm und nachdem wir am Abend vorher noch lange am Feuer gesessen waren, hatte ich meine Kuscheljacke vor dem Schlafengehen einfach neben dem Bett auf den Boden geschmissen. Als ich sie dann morgens aufhob, um sie anzuziehen, hatte sich darin doch tatsächlich eine kleine Schlange versteckt und kam herausgekullert. Meinen spitzen Schreckensschrei konnte man bestimmt bis unten zur Farm hören und die Kinder kamen mit der Zahnbürste im Mund aus dem Bad gestürmt, um zu sehen, was los war. Eigentlich würde ich mich nicht als ängstlich bezeichnen, aber wenn es um Schlangen geht, bin ich wirklich ein richtiger Schisser. Panisch war ich also aufs Bett gesprungen und deutete auf die eigentlich ziemlich kleine Schlange, was die Kinder so lustig fanden, dass sie mich erstmal auslachen mussten. Da wir aber ja nicht wussten, um was für ein Exemplar es sich handelte, machte Emma ein etwas verwackeltes Foto und dann ließen wir die Schlange, wo sie war und machten uns auf den Weg zur Arbeit. Der Tag verging mit einem letzten wunderschönen Ausritt und der uns inzwischen schon total vertrauten Arbeit mit den Pferden wie im Flug und bei uns allen schlich sich schon ein wenig Melancholie ein, dass wir das nun alles zum letzten Mal machten. Zum Abschied kochten wir abends dann gemeinsam mit Uli und Jürgen Lasagne mit selbst gemachten Nudelplatten. Währenddessen machte Chris, der ganz spontan ein Impromptu-Konzert für uns veranstaltete, seinen Soundcheck und kam dann mit Mikro in der Hand und ein italienisches Liebeslied trällernd in die Küche. Da Emma die Hände mit den von Jürgen frisch durch die Nudelmaschine gedrehten Lasagneplatten voll hatte, schnappte ich mir Sophie und wir tanzten beschwingt durch die Küche. Als die Lasagne im Ofen war, setzten wir uns alle vors Haus und genossen im Abendlicht mit einem Gläschen Wein in der Hand die wunderschöne Musik. Nachdem Chris und ich am Abend vorher am Feuer unsere Lebensgeschichten ausgetauscht hatten, sang er für mich das Lied „Hallelujah“, was mich tatsächlich in dieser besonderen Situation zu Tränen rührte. Danach gab es dann Johny Cashs „Ring of Fire“, bei dem wir wild mit dem Lagerfeuer im Hintergund auf der Terrasse tanzten. Zum Schluss wünschte sich Uli für Jürgen noch „Raise me up“, was einen weiteren Gänsehautmoment garantierte. Dann gab es Lasagne und auf Sophies Wunsch auch noch einmal Ulis famose selbst gemachte Pizza. Als Jürgen, der ein Mann unglaublich vieler Talente ist, die vom Gewichtheber über den Radrennfahrer zum Eiskletterer und natürlich Reiter bis zum Hufschmied und noch Vielem mehr reichen, den Mädels zum Abschied selbst aus Hufeisen geschmiedete Hufauskratzer und mir eine Cobra als Briefbeschwerer schenkte, fiel mir die kleine Schlange vom Morgen wieder ein. Verblüfft fragte ich ihn, ob er von meiner Schlangenbegegnung gewusst hätte. Das verneinte er zwar, aber Uli und Jürgen nahmen das mit der Schlange doch sehr ernst, schauten sich das verwackelte Foto an. Sie gingen zwar davon aus, dass es sich um eine harmlose afrikanische Hausschlange handelte, deren Biss nur Kopfschmerzen auslöste, aber es könnte eben auch eine Stiletto sein, zu derem tödlichen Gift es kein Gegengift gab. Also baten sie Chris und seinen Sohn Bryan, dass sie mit in unser Chalet kommen sollten, um nach der Schlange zu suchen. Darüber war ich heilfroh. Als Bryan mit seiner sehr starken Taschenlampe unter unser Bett leuchtete, fiel mir ein, dass da ja unsere leeren Rucksäcke lagen und hatte schon Horrorvorstellungen, wie daraus ganze Horden von Schlangen kämen, die sich in unserer Zeit hier darin häuslich eingerichtet hätten. Tatsächlich fand Bryan zuerst einmal aber einen riesigen Salamander, den Sophie weit gruseliger fand als die kleine Schlange. Als sie fragte, ob der auch in ihr Bett krabbeln könnte, nahm der ganz schön dicke Salamander das zur Aufforderung und zeigte, wie einfach er am Bettpfosten hochklettern konnte. Also fingen unsere privaten Kammerjäger nicht nur die Schlange, die sich tatsächlich unter meinem Rucksack unter meinem Bett zusammengerollt hatte und sich als afrikanische Hausschlange herausstellte, sondern auch den Salamander und entließen beide in die Freiheit. Ich weiß, dass ich das Wort Helden in den letzten Einträgen ganz schön oft verwendet habe, aber in diesem Moment waren Chris und Bryan absolute Helden für mich. Als ich dann später ins Bett ging, erinnerte ich mich daran, wie meine große Schwester mir vor langer Zeit, als wir noch zusammen ein Zimmer teilten, beigebracht hat, wie man die Ränder seiner Bettdecke unter den eigenen Körper stecken müsste, damit keine Schlangen mit darunter kriechen (,die damals angeblich in unserem Bettkasten wohnten!). Jetzt war ich dankbar für den Tipp meiner Kindheit und war auf einmal tatsächlich ein bisschen froh, dass das nun unsere letzte Nacht im Chalet war… was so ein Schlangenschreck nicht alles bewirkt!
Gestern haben wir uns nach einem tränenreichen Abschied von Mensch und Tier auf den langen Weg zurück nach Johannesburg gemacht, wo wir morgen unser Mietauto zurückgeben müssen. Als wir in unserem sehr schönen und vor allem sehr gut gesicherten Häuschen in Flughafennähe angekommen waren, spielten Emma und Sophie erst einmal ausgelassen im Garten, während ich mich noch einmal auf den Weg machte, um einen Handgepäckskoffer zu kaufen, in dem wir unsere Reitsachen, die wir auf jeden Fall auch zuhause noch brauchen werden, und die Abschiedsgeschenke unterbringen können. Außerdem besorgte ich noch Lebensmittel fürs Abendessen und Frühstück, sodass wir nicht noch einmal los mussten. Heute steht nun unser Flug nach Kapstadt an, was eigentlich ein bisschen verrückt ist, da wir dort dann nur einen Tag haben, aber den Rückflug ab Kapstadt hatte ich schon lange gebucht, bevor wir die Idee mit der Freiwillligenarbeit hier im Norden hatten und deswegen nehmen wir in den 24 Stunden jetzt noch alles mit, was geht, bevor unsere Reise dann endgültig endet.
Ihr lieben drei Weltreisenden,
habt noch einen wunderbaren Tag und fliegt dann munter – voller toller Erlebnisse im Gepäck – nach Deutschland, um hier ein weiteres Kapitel eures Lebens aufschlagen zu dürfen.
Ganz liebe Grüße sendet euch Sabine
PS: Ich werde euren Reisebericht, den ich vorm Zubettgehen regelmäßig gelesen habe, bestimmt vermissen ;-()