Begossene Pudel in Bogota

Heute war mal wieder ein Tag der Extreme. Auf dem nur anderthalbstündigen Flug von Santa Marta nach Bogota, hat sich die Außentemperatur mehr als halbiert. Dafür sind wieder 2600 Höhenmeter dazu gekommen. Das Hotel ist günstiger als viele, die wir hier in Südamerika schon hatten, aber mit Abstand das schickste und stylischste. Auch Bogota selbst scheint aus Extremen zu bestehen, denn sowohl der Flughafen als auch der Weg in die Innenstadt zeichnen sich durch viel moderne Architektur aus, aber dann gibt es wieder Viertel, in denen man die Knöpfchen an der Taxitür von innen gar nicht schnell genug runter drücken kann.

Für uns ging es vom Hotel aus in die nahe gelegene Altstadt, wo die Kinder am Plaza Bolivar erstmal auf den Stufen der Kathedrale alles ausprobierten, was die Street Food-Händler so hergaben. Vorspeise war ein gegrillter Maiskolben mit Butter und Salz, den danach noch die Tauben sauber picken durften. Hauptspeise waren gedrehte Hefestangen, die mit Käse oder Speck gefüllt waren. Als Nachspeise gab es dann erst noch Churros und dann eine Portion Wassermelone. Ungewöhnlicher Weise habe ich mich beim Straßenessen zurückgehalten, weil ich unbedingt die für Bogota so typische Ajiaco-Suppe aus Hähnchen und Mais probieren wollte.

Von den elf Stationen unserer selbstgeführten Stadttour haben wir dann aber doch nur fünf geschafft, bevor der Himmel sich auftat und kübelweise Wasser, Blitze und Donnergrollen, dass einem die Ohren klangen, herunter schickte. Genau da standen wir aber vor einem süßen Restaurant, in dem es Ajiaco gab. Also kehrten wir ein und ich probierte neben der typischen Suppe eins der Lieblingsgetränke der Kolumbianer mit dem lustigen Namen „Cola y Pola“, was auch genau meinen Geschmack traf.

Erst dachten wir, wir würden den Regen abwarten, bevor wir zurück ins Hotel kehrten, aber als es nach einer Stunde immer noch unverändert stark regnete und sich die Straßen inzwischen in sturzflutartige Bäche verwandelt hatten, probierte ich, uns ein Taxi oder ein Uber zu rufen, aber leider ohne Erfolg. Also machten wir uns zu Fuß in unseren Regenjacken auf den Weg und dachten naiver Weise, dass die 900 Meter ja ohne große Probleme zu schaffen sein müssten.

Nach einem Sturz beim Überqueren der Straße, literweise Wasser von oben und unten und nachdem mein Handy vor Nässe den Geist aufgegeben hatte und GoogleMaps uns nicht den Weg zurück zum Hotel weisen konnte, standen wir schlussendlich wie die begossenen Pudel in Bogota und ich bin wirklich froh, dass Emma und Sophie so hart im Nehmen sind und auch der ätzendsten Situation noch etwas Lustiges abgewinnen können.

Zurück im Hotel sorgte ich nämlich mal wieder unfreiwillig für schallendes Gelächter. Vor unserem Ausflug hatten wir unsere Dreckwäsche abgegeben, um morgen mit sauberen Sachen ins nächste Land zu reisen und als wir uns dann aus unseren nassen Sachen schälten, wurde mir bewusst, dass ich abgesehen von diesen triefenden Sachen nichts dem Wetter Angemessenes mehr zum Anziehen und vor allem keine einzige Hose mehr im Gepäck hatte. Während die Kinder auf die Skiunterwäsche zurückgreifen konnten, zog ich, damit ich nicht in Unterhose auf die Straße musste, mein Ersatzkleid, ein langärmliges Oberteil, einen Schal und die Wollsocken an, die mir meine Schwester extra für diese Reise gestrickt hat, damit ich nie kalte Füße bekomme. Dieses extrem schicke Outfit rundeten dann noch die Sandalen ab, da man aus unseren Trekkingschuhen leider das Wasser kippen konnte und diese keine Option mehr waren.

Während die Kinder mich in meinem tatsächlich sehr albernen Outfit ungeniert auslachten, konnte ich die Sorge ob des Schuhproblems nicht so leicht abschütteln, denn morgen und übermorgen geht es für uns ja weiter in den tiefsten Süden dieses Kontinents, wo die Temperaturen sich noch einmal halbieren werden. Mit nassen Schuhen wird das bestimmt kein Spaß. Also habe ich sie nun mit insgesamt zwei Rollen Klopapier ausgestopft und direkt vor dem Heizer platziert, den wir an der Rezeption bekommen haben.

Inzwischen regnet es nur noch leicht, aber die Straßen sind noch so nass, dass ich uns allen die Peinlichkeit, mit dicken Socken in Sandalen vor die Tür gehen zu müssen, ersparen wollte. Also habe ich mich kurzerhand beim kolumbianischen Äquivalent von Lieferando namens Rappi angemeldet und habe uns zum Abendessen zwei Pizzen bestellt. Die Kinder waren voller Vorfreude und ich stolz wie Bolle, dass ich das alles so gut organisiert bekommen hatte… naja, der hielt genau so lange an, bis ich merkte, dass die Pizzen nicht zu der in der App angegebenen Uhrzeit geliefert wurden und bis ich dann doch mit Wollsocken in Sandalen zur Rezeption schlich, um mir Hilfe zu holen. Der junge Mann erklärte mir freudestrahlend, dass ich die falsche Adresse angegeben hätte, obwohl ich sie aus Booking.com kopiert hatte, und die Pizzen deswegen nicht mehr geliefert werden könnten. Als ich ihn fragte, wo ich jetzt etwas anderes für die Kinder zu essen herkriegen könnte, verwies er mich auf die Panaderia um die Ecke. Also stiefelte oder besser gesagt, sandalte ich los, obwohl Stiefel definitiv das passendere Schuhwerk gewesen wären und versuchte die amüsierten Blicke der Passanten auf meine Füße zu ignorieren. Statt Pizza gab es nun also Blätterteigtaschen mit Hähnchenfüllung und einen Keks als Nachtisch und obwohl die Mädels ihre Enttäuschung nicht zeigten, musste ich wegen der begossenen Gesamtsituation ein paar Tränchen vergießen. Auf Reisen sind es manchmal eben Kleinigkeiten, die alles zu viel erscheinen lassen.

Aber morgen ist ein neuer Tag und wir freuen uns schon sehr auf Chile und insbesondere auf Patagonien, hoffentlich mit trockenen Füßen!!!

2 Gedanken zu „Begossene Pudel in Bogota“

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