Gestern war unsere größte Sorge noch, unsere Wäsche ein letztes Mal in Südamerika zu waschen und wir waren so froh, als wir einen Waschsalon fanden, der uns versicherte, dass er das bis heute schaffte. Die Mitarbeiterinnen haben dreimal gesagt, dass sie aber erst bis eins fertig ist und am Nachmittag abgeholt werden kann… oder zumindest ist es das, was ich verstanden habe.
Heute Morgen stand dann zunächst das Wiedersehen mit Pascal an, der noch in Kolumbien geblieben war, während wir das schöne Patagonien unsicher gemacht haben, und erst gestern hierher geflogen ist. Auf Wunsch der Kinder hat Sophie dann einen Tag mit Pascal die Stadt erkundet und Emma mit mir. Während die anderen beiden erst einmal Torte zum Frühstück gegessen und dann sogar zwei Museen besucht haben, frühstückten Emma und ich ein Brötchen auf der Hand auf dem Plaza de Armas, der uns gestern schon so gut gefallen hatte. Da beschlossen wir spontan am Nachmittag noch einmal eine geführte Tour mitzumachen, weil man da doch in kurzer Zeit immer sehr viel sieht und über die Stadt erfährt. Vorher haben wir noch einen Spaziergang zum Cerro San Cristobal gemacht, dem höchsten Punkt der Stadt, von dem aus man eine schöne Aussicht hat und auch mal wieder wie in so vielen anderen Städten Südamerikas eine weiße Christusstatue besichtigen kann.
Da wir vor der Tour aber noch Mittagessen wollten und der Berg total überfüllt war, kürzten wir den Spaziergang ab und aßen unser letztes Almuerzo. Bei der Führung danach waren wir dann nur sechs Touristen, die von Sergio in alle Geheimnisse der Stadt eingeweiht wurden. Dabei war ich besonders beeindruckt, wieviel Emma schon von der englischen Führung verstanden hat und dass sie sich immer wieder aktiv einbrachte und Fragen stellte. Das freute mich nicht nur als Mama, sondern auch als Englischlehrerin, denn sie hat das Prinzip „Fluency before accuracy“, wovon im Referendariat immer gesprochen wurde, voll verstanden.
Eigentlich sollte die Stadtführung nur bis vier gehen, aber da wir viele Fragen hatten, waren wir da noch lange nicht fertig. Auf einmal kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht mal nachschauen sollte, wie lange die Wäscherei am Samstag denn eigentlich geöffnet war, damit wir die Wäsche auch rechtzeitig abholten. Als ich auf den Abholschein schaute, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass die netten Damen am Tag vorher nicht gesagt hatten, dass ich die Wäsche erst nach eins, sondern bis eins abholen musste. Ab diesem Moment konnte ich mich auf kein einziges Wort unseres Guides mehr konzentrieren und ging im Geiste durch, was jetzt meine Optionen waren. Auf dem Weg zur letzten Sehenswürdigkeit bat ich Sergio dann um Hilfe und er versuchte sofort, die Wäscherei anzurufen und kontaktierte sie auch per Email und WhatsApp… alles leider ohne Erfolg. Nach der Führung bot er uns noch an, mit uns zur Wäscherei zu laufen und ich ging im Geiste nochmal durch, was alles im Wäschesack gewesen war und dabei hätte ich am liebsten angefangen zu weinen. Denn es waren nicht nur die komplette Unterwäsche von uns drei Mädels, unsere ZIP-Off-Hosen und alle meine langärmligen Oberteile, sondern auch Emmas liebste T-Shirts in dem vermaledeiten Sack gewesen.
Wie schon erwartet, war die Wäscherei geschlossen, es gab keine Klingel und niemand reagierte auf unser Klopfen am heruntergelassenen Metallrollo. Auf diesen Schock hin gingen Emma und ich erst einmal Eis und Kuchen essen und überlegten, wie wir Sophie beibringen sollten, dass einige ihrer Kleidungsstücke weg waren, denn sie hatte schon so traurig reagiert, als ihre Jacke aus Pascals Rucksack geklaut worden war. Auch wenn mir wirklich nichts an materiellen Dingen liegt, war es schon ein komisches Gefühl, dass wir nun mit halbleeren Rucksäcken, die ja auf dieser Reise irgendwie unser Zuhasue sind, weil sie alles enthalten, was wir haben, weiter reisen müssten.
Völlig überraschend für mich war, dass Emma, die sonst manchmal ja zum Schwarzsehen neigt, direkt sagte, dass es doch nur Kleider wären und dass das doch auch irgendwie eine lustige Geschichte wäre. Da habe ich mich zusammengerissen, habe aufgehört, mich selbst für meine Dummheit zu verfluchen und habe nach den nächsten Einkaufsmöglichkeiten gegoogelt, denn vor allem das mit der Unterwäsche bedurfte ja einer schnellen Lösung. Wieder mal hatten wir Glück und keine hundert Meter entfernt gab es einen H&M, der Globalisierung sei dank. Denn bis zur Schließzeit war es noch eine Stunde und bei H&M, egal wo auf der Welt, findet man sich halt doch schnell zurecht.
Eine Stunde später hatten wir also nicht nur neue Unterhosen und Socken im Gepäck, sondern sowohl eine neue lange Hose für Sophie als auch für mich, sowie zwei neue Oberteile für Emma und mich. Nun ging es zurück ins Hotel und wir fürchteten uns immer noch vor Sophies Reaktion. Aber auch hier habe ich mich mal wieder ordentlich getäuscht, denn Sophie war begeistert von ihrer neuen Hose und hat zugegeben, die ZIP-Off-Hose als nötiges Übel dieser Reise gesehen zu haben, aber dass sie sie wirklich nicht schick fand. Erleichtert ging es dann gemeinsam zum Abendessen und wir alle konnten schon wieder herzlich darüber lachen, dass wir fast ohne Unterhosen auf dem nächsten Kontinent angekommen wären.
Jetzt sitzen wir beim Boarding und unser Flug wurde gerade aufgerufen. Deswegen heißt es jetzt „Ciao Chile“ und „Servus Südamerika“, ab morgen dann „Kia Ora“ in Neuseeland!