Mein Tag begann heute ganz allein im Meerwasserpool, auf dem die Morgensonne zauberhaft glitzerte, während die Mädels noch ausschliefen. Im Vergleich zur Wassertemperatur fühlte sich die kalte Dusche danach schon fast warm an und als ich um halb neun zurück zum Wohnmobil kam, wollte immer noch keiner aufstehen, also machte ich auch gleich noch einen Morgenspaziergang. Also eigentlich ein völlig tiefenentspannter Morgen für mich, wäre da nicht mein unweigerliches Talent, ständig als Ersthelfer zum Einsatz zu kommen. Auf dem Rückweg stolperte mir im wahrsten Sinne des Wortes nämlich der 80-Jährige Eddie mit seinem Hund Jock vor die Füße. Er war mit dem Fuß an einer Baumwurzel hängen geblieben und schwer den Hang hinuntergestürzt. Dabei hat er sich an der Hand, am Kopf und an der Schulter verletzt. Emma hörte mich Gottseidank rufen und brachte schnell unsere Verbandstasche, sodass wir die Wunden versorgen konnten. Ihm war ein wenig schwindelig, aber seine größte Sorge war trotzdem der Bewegungsdrang seines Hundes, den er erst kürzlich aus dem Tierheim geholt hatte. Nachdem Eddie verarztet und ich sicher war, dass er keine schlimmere Kopfverletzung hatte, setzten wir uns zusammen an einen Picknicktisch und er erzählte mir von seinem einsamen Leben im Alter, was mich fast zu Tränen rührte. Gemeinsam gingen wir dann noch ein Stück mit Jock Gassi, der sein ja noch neues Herrchen schon jetzt abgöttisch zu lieben schien. Deswegen musste das Frühstück der Mädels warten, aber das fanden sie gar nicht schlimm.
Nach dem Frühstück fuhren wir eine halbe Stunde nach Norden in das Dörfchen Marahau, von wo aus wir aufbrachen, das erste Stück des Abel Tasman Treks zu laufen. Morgens hatte ich im Reiseführer gelesen, dass der namensgebende holländische Entdecker Neuseeland nie betreten hat, da gleich die komplette Besatzung des ersten zu Wasser gelassenen Ruderbootes von Maori getötet worden war und er sich dann begnügte, die Inseln vom Schiff aus zu kartografieren. Eine Geschichte, die meine halbholländischen Entdeckerinnen sehr spannend fanden. So verging der erste Abschnitt bis zur traumhaften Coquille Bay, in der wir zum Mittagessen ein Picknick machten, wie im Flug. Nach dem Essen hüpften wir ins eiskalte, aber glasklare Wasser und ließen uns danach von Sonne und Wind trocknen. Jetzt zückten die Mädels die Taschenmesser und schnitzten sich aus Treibholz Zauberstäbe, womit sie danach in bester Harry Potter-Manier Zauberduelle am Strand vollführten.
Drei Stunden nach Ankunft konnte ich die Kinder dann mit Müsliriegeln bestechen, weiter bis zur Appletree Bay zu laufen, wo es passend zum Namen Äpfel gab. Den Rückweg vertrieb Sophie sich dann zu meiner Freude mit der Vertonung eines englischen Gedichts, das sie letztes Jahr im Englischunterricht gelernt hat. Täglich arbeiten wir jetzt nämlich ein bisschen am Englisch, obwohl wir hier tatsächlich mehr Deutsche und Holländer treffen als Einheimische. Um halb sieben waren wir zurück am Parkplatz und entschieden, direkt am Campingplatz gegenüber zu übernachten, weil wir alle schon ganz schön Hunger hatten. Wieder mal hatten wir großes Glück und bekamen doch tatsächlich den letzten freien Platz. Schnell schnappten wir uns alle Lebensmittel fürs heutige Abendessen und zogen los in die Küche, in der es auch gleich wieder vor Holländern und Deutschen wimmelte. Unter anderem lernten wir ein Paar aus Leipzig kennen, das auch eine einjährige Weltreise mit entgegengesetzter Route macht. So konnten sie uns Reisetipps für Indonesien und wir ihnen für Südamerika geben. Leider musste ich mich nach dem Essen mal ins Wohnmobil verziehen, weil ich schlimme Kopfschmerzen hatte, aber ich hoffe, dass ich einige der netten Reisebekanntschaften morgen früh noch mal wieder treffe.