Von den blauen Bergen kommen wir

Der erste Vers dieses Kinderlieds war heute sehr passend für uns, da wir erst im Auto, dann zu Fuß und zuletzt noch im Sattel die Blue Mountains erkundet haben. Über den zweiten Vers schweige ich mich aufgrund meines Berufs aber lieber mal aus, da die Kinder, die dieses Lied gar nicht kannten, vor allem diesen, als ich ihnen davon erzählt hatte, in Dauerschleife gesungen haben.

Als wir heute Morgen aufwachten, konnten wir es kaum glauben, aber es hatte gerade mal noch 14 Grad und wir froren. Da zogen wir uns zum ersten Mal seit einiger Zeit wieder lange Hosen und nach der zweistündigen Fahrt in die Blue Mountains, bei der unsere Jucy ordentlich den Berg hinauf schnaufen musste, sogar unsere Fleecejacken wieder an. Unser erster Halt war am Echo Point, von wo aus man die Three Sisters, eine Felsformation und den Ausblick über durch den Eukalyptusdunst blau aussehenden Berge hatte. Das war mit Abstand der touristischste Ort, an dem wir bisher in Australien waren, sogar mehr als die Great Ocean Road, was wahrscheinlich an der Nähe zu Sydney liegt, von wo aus Tagestouristen in Busscharen hierher gekarrt werden. Aber auch im eigenen Auto kommen so viele Leute, dass wir erst einmal eine halbe Stunde nach einem Parkplatz suchen mussten, der dann unverschämt teuer war… teurer als in Melbourne in der Innenstadt und das alles, obwohl das Wetter verregnet und die Sicht dementsprechend schlecht war. Eigentlich wollten wir hier unser Mittagessen kochen, da ja die letzten Reste unserer Vorräte aufgebraucht werden müssen, aber der einzige Parkplatz, den wir finden konnten, war an einer Straße mit solcher Schräglage, dass der Topf vom Gasbrenner rutschte. Also entschlossen wir uns, erst einmal die Aussicht zu genießen und die öffentlichen Toiletten zu suchen, die im Gegensatz zu unseren bisherigen Erfahrungen in Australien leider auch zeigten, dass dieser Ort einfach maßlos überlaufen ist. Als wir dann endlich auf der Aussichtsplattform standen, streikte die Kamera meines Handys mal wieder, was leider in letzter Zeit immer häufiger passiert und was ich oft erst später merke und mich dann ärgere, dass schöne Aufnahmen, die ich vermeintlich gemacht habe, gar nicht gespeichert worden waren. In diesem Moment hätte ich mein Handy am liebsten vor lauter Frust in die Schlucht gepfeffert und ich ärgere mich zunehmend, dass ich mir vor der Reise die Anschaffung eines IPhones habe ausreden lassen. Während ich also an meinem Handy fummelte, statt mit den Heerscharen anderer Leute die Aussicht zu genießen, meinte es das Schicksal mal wieder gut mit uns, denn aus dem Nichts heraus sprach mich eine Frau an, ob sie nicht ein Foto von mir und den Kindern vor den Three Sisters machen sollte. Als ich ihr von meinem Handydilemma erzählte, bot sie uns an, Fotos mir ihrem funktionierenden IPhone zu machen und sie mir dann zu schicken. Dieses Angebot nahmen wir natürlich dankend an und kamen dabei ins Gespräch mit ihr und ihrer Freundin. Beide Frauen waren etwa in meinem Alter und die Fotografin, was sie wirklich von Beruf ist, erzählte, dass sie sich mit einer Backpackreise durch Australien gerade ihren Lebenstraum erfüllte und die andere erzählte, dass sie ihre Reiseleidenschaft, seit sie Kinder hat, irgendwie begraben hätte. Als Emma den beiden von unserer Reise erzählte, waren sie sehr interessiert und im Nu entstand ein sehr angeregtes Gespräch, das erst von Sophies knurrendem Magen beendet wurde. Statt zu kochen, kehrten wir dann in einer sehr touristischen Bar zum Mittagessen ein, in der das Essen aber erstaunlich gut und vergleichsweise günstig war. Frisch gestärkt ging es dann weiter zu den Wentworth Falls, die von der ersten Aussichtsplattform im Vergleich zu vielen anderen, die wir auf dieser Reise schon gesehen haben, nicht sonderlich beeindruckend waren. Da es inzwischen aber recht stark regnete, verzichteten wir auf die eigentlich geplante Wanderung und fuhren zurück nach Blackheath, wo wir uns einen Campingplatz für die Nacht suchten, denn hier in der Nähe waren die Centennial Glen Stables, bei denen wir heute als Abschied unserer Australientour das Weihnachtsgeld meiner Eltern in einen Sonnenuntergangsritt investierten. Dafür senden wir auch wieder ein herzliches Dankeschön nach Hause. Als wir uns auf den Weg machten, waren wir aber wegen des Wetters noch etwas nervös, da ich schon vor dem inneren Auge ein ähnliches Szenario wie in Bogota sah… durchweichte Schuhe, tropfnasse Klamotten…

Aber nein, Fortuna hat uns nicht verlassen. Während der halben Stunde, die wir für die gerade einmal 12 Kilometer brauchten – das sagt ja schon genug über die Straßenverhältnisse aus – hörte es auf zu regnen und wir konnten die Szenerie in diesem abgelegenen Tal weit mehr wertschätzen, als die touristischen Orte, die wir tagsüber besucht hatten. Wie verwunschen lagen die Ställe am Ende eines Holperweges und um uns herum galoppierten Ponys und Pferde einträchtig über die Weiden. Sofort fiel alle vorherige Anspannung von mir ab, denn wie immer war der Kontakt mit Pferden gut für meine Seele. Inzwischen kennen wir das Prozedere bei diesen Ausritten ja schon sehr gut. Erst muss ich eine Erklärung für uns drei unterschreiben, dass wir uns der Risiken bewusst sind, dann geht es ans Helme Anpassen und dann werden Pferd zugeteilt. Einmal mehr waren wir alle drei sehr glücklich. Emma bekam die kapriziöse Zaar, die all ihr Können forderte und Galoppieren grundsätzlich mit Buckeln verwechselte, was mir fast einen Herzinfarkt bescherte, Emma aber nur ein fettes Grinsen. Sophie war auf der süßen Red glücklich, weil die auf die leisesten Hilfen reagierte und ich und Tigger waren ein gutes Team, denn genau wie ich schien er auch lieber zu galoppieren als zu traben. Diesmal waren wir nicht die einzigen Reitgäste, sondern auch ein englisches Backpackerpaar hatte sich mit dem Taxi an diesen abgelegenen Ort bringen lassen. Sie war eine erfahrene Reiterin und ihr Freund noch nie auf einem Pferd gesessen. Fast wirkte es so, als würde sie ihn hier testen und als er nach dem Ritt brav sagte, dass es ihm gefallen hatte, sah man deutlich, wie sie im Geiste einen Haken in diese Box setzte. Die fast 15-jährige Nina, die hier auf dem Hof als Aushilfe arbeitet und die deutsche Verwandte hat und deswegen auch Deutsch versteht, ritt voraus und gab Emma ganz neue Ideen, was für Nebenjobs es so alles gibt. Hinterher kam dann die sehr erfahrene Kimberley, die alle Gatter gekonnt vom Pferd aus öffnete und schloss und gut im Blick hatte, wieviel sie unserer Gruppe zumuten konnte. Auch wenn wir die Sonne auf diesem Ritt nur kurz sahen, blieb es trocken und die Wolken über den Sandsteinklippen waren ein wunderschöner Ausblick, an dem wir uns auch nach dem Reiten gar nicht satt sehen konnten.

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