Das ist keine Übertreibung! Wir waren insgesamt 26 Stunden unterwegs und haben dabei viel über Philippinos gelernt. Es ging morgens um 9.00 Uhr an der Unterkunft los. Von dort aus stiefelten wir mit unseren Rucksäcken bepackt ungefähr 10 Minuten zur Hauptstraße, wo wir ins nächste vorbeifahrende Jeepney zum Busbahnhof stiegen, weil der einzige Tricyclefahrer den wir trafen, nicht konnte, weil seine Frau gerade den Abwasch machte. Den Zusammenhang verstehe, wer wolle, aber Jeepneys finden wir ja ebenfalls toll. Beim Einsteigen zwang mich die niedrige Decke des Fahrzeugs buchstäblich in die Knie, da ich mit meinem großen Rucksack sonst nicht hineinpasste. Die anderen nahmen ihre Rucksäcke deswegen vorsorglich vor dem Einsteigen ab. Während der Fahrt erklärte der Fahrer uns dann, dass es schlauer gewesen wäre, das Jeepney in die andere Richtung zu nehmen und wieder in Daraga umzusteigen. Da wir die Fahrt aber schon bezahlt hatten, blieben wir sitzen und hatten diesmal tatsächlich Glück, da am Busbahnhof schon ein Minivan nach Pilar bereitstand, in dem gerade noch genug Platz für uns und unser Gepäck war. Die Mädels hatten Glück und bekamen die zwei Plätze auf der Vorderbank, was besonders für Sophie gut war, der doch bei wilden Fahrten manchmal schlecht wird. Ich dagegen fand in der vorletzten Bank einen Platz neben einem jungen Pärchen – sie aus Malta, er aus England – und stellte dabei fest, dass wir mit einer Ausnahme bis jetzt noch kaum andere Touristen oder Backpacker in den Philippinen getroffen hatten. Umso unterhaltsamer empfand ich dementsprechend die einstündige Fahrt und habe mit den beiden wieder einmal zwei ganz neue Lebensmodelle kennengelernt. Sie eine Aussteigerin mit dem Plan, das Budget so weit zu strecken, sodass sie möglichst lange reisen kann. Er mit saisonaler Arbeit an der Reparatur von Windrädern und deswegen einer alljährlichen viermonatigen Pause zum Reisen.
In Pilar angekommen, hatten wir noch über eine Stunde Zeit, in der Emma mit heftigen Magenschmerzen kämpfte. Bis wir um zwölf Uhr auf die Fähre nach Masbate stiegen, ging es ihr glücklicherweise wieder besser und wir verbrachten die zweistündige, sehr komfortable und wie so oft überklimatisierten Bootsfahrt, indem wir auf ihren Wunsch noch einmal den ersten Avatar-Film schauten, während Sophie wieder einmal ihrer Lieblings-Playlist auf Spotify „Women of Pop“ lauschte. Eigentlich hätte ich unseren dreieinhalbstündigen Aufenthalt in Masbate gern mit einem Besuch einer legendären Sandbank vor dem Hafen verbracht, aber beide Mädels litten unter dem viel schwüleren und heißeren Klima. Da Sophie auch aufs Klo musste und die öffentlichen Toiletten an Häfen und Busbahnhöfen hier doch manchmal selbst noch die Hygienestandards der hartgesottesten Reisenden untertrafen, machten wir eine Pause im klimatisierten McDonalds, wo wir aber nur etwas tranken bzw. ein Eis aßen, aufs Klo gingen und uns die Zeit mit der Kartenspielversion von Monopoly vertrieben, die Emma zu Weihnachten bekommen hatte, da wir uns alle einig waren, dass wir uns den Bauch lieber mit Streetfood vollschlagen wollten. Auch in Masbate sahen wir wieder keinen einzigen anderen Touristen und wurden sogar an einem Obststand von einem anderen Deutschen, der seit 15 Jahren hier wohnt, angesprochen, weil er sich so freute, Deutsche zu sehen und zu hören.
Pünktlich um 18.00 Uhr stiegen wir dann auf die Übernachtfähre nach Cebu City und als wir die Zeltlagerstimmung in der dritten Klasse wahrnahmen, wo bestimmt zweihundert Leute in einem Raum in Hochbetten rumlümmelten und wo einem die frische Seeluft durch die offenen Seitenwände um die Nase wehte, waren wir fast enttäuscht, dass wir Tickets für die 2. Klasse hatten, wo sich nur vier bis acht Leute klimatisierte Kabinen teilten. Erst auf dem Schiff merkten wir, dass wir alle in verschiedenen Kabinen untergebracht waren, aber die Mädels fanden es sogar toll, mal nicht mit Familienmitgliedern das Zimmer zu teilen und so ganz allein die verschiedenen Abendrituale der philippinischen Mitreisenden beobachten zu können. Beide schliefen sie bei tagheller Beleuchtung recht gut ein, aber Sophie ging gegen zwei Uhr dann doch mal auf Wanderschaft, um sich umzuschauen, wo die anderen Mitschläfer ihrer Kabine geblieben waren. Nachdem ich sie zurück ins Bett gebracht hatte, vertrat ich mir ebenfalls ein wenig die Beine und war völlig überrascht, dass es draußen in Strömen regnete und der Seegang trotzdem sehr ruhig war. Im Loungebereich traf ich dann auf eine große Gruppe Jugendlicher, die alle das selbe T-Shirt trugen und kam mit ihnen ins Gespräch. Es handelte sich um Schüler, die zu einem Sportturnier in Cebu City unterwegs waren und wie meine Schüler zuhause waren sie zum Großteil hier auf dem Schiff mitten in der Nacht mit TikTok und Instagram beschäftigt. Als sie hörten, dass ich Lehrerin bin, begann dann aber eine nächtliche Fragerunde zu Schulen in Deutschland und sie waren sehr überrascht, wie wenig streng es da zuging.
Ab fünf Uhr morgens gab es dann alle zehn Minuten laute Durchsagen, dass man seine Bettbezüge zurückgeben müsse und dass wir nun anlegen würden und kurz nach sechs stiegen wir alle noch recht müde vom Schiff. Die geschäftstüchtigen Taxifahrer wollten uns 600 Pesos für die Fahrt zum Busbahnhof abknüpfen und obwohl ich mich regelmäßig und auch ohne Groll gern über den Tisch ziehen lasse, bestand ich diesmal darauf, dass er stattdessen den Taxometer anmachte. Während der zehnmonatigen Fahrt, in der der Fahrer wie eine Schnecke durch die Stadt schlich, versuchte er uns zu überreden, uns von ihm direkt zu unserem 80 Kilometer entfernten Ziel Moalboal zu fahren. Sein Preis von 2500 Pesos dafür entsprach zwar dem, was der Reiseführer veranschlagte, aber trotzdem entschieden wir uns für den billigeren und langsameren, aber doch bequemeren Bus, der nur 800 Pesos für alle kostete. Der Taxometer zeigte am Ende trotz des Schneckentempos 160 Pesos und lehrte mich mal wieder, dass es sich doch immer lohnt, ein zweites Mal nachzuhaken. Nach einer weiteren dreieinhalbstündigen Busfahrt stand nun nur noch eine Fahrt in einem Tricycle an, das uns die letzten fünf Kilometer zur Unterkunft am Panagsama Strand brachte. Nach 26 Stunden unterwegs durften wir dann aber direkt um elf Uhr morgens schon einchecken und während die Kinder sich auf den Betten streckten, hüpfte ich lieber gleich einmal ins glasklare Meer.