Gestern klingelte bei Emma und mir der Wecker schon um 5.30 Uhr, denn wir wollten einen zweiten Versuch starten, Walhaie zu sehen, da das einer unserer Hauptwünsche für die Philippinen war, seit uns ein nettes Weltreise-Ehepaar in Neuseeland davon erzählt hatte. Der Ort Lila auf der Insel Bohol ist zwar nicht wie Donsol für Ecotourismus bekannt, aber hier tummeln sich seit einigen Jahren viele Walhaie, die anfänglich von dem Fischabfall der Fischerboote hier angezogen worden waren. Inzwischen ist das Touristengeschäft mit den Walhaien wohl definitiv lukrativer als die Fischerei und so sorgen die Einheimischen mit viel Krill dafür, dass die Walhaie einen Grund haben, vorbeizuschauen.
Für uns war Lila nur eine 40-minütige Busfahrt entfernt und nach einer ausgiebigen Sicherheitsbelehrung hatten wir das Gefühl, dass auch hier den Leuten wirklich am Wohl der Walhaie gelegen ist, denn die wichtigsten Regeln wie keine Sonnencreme, keine Berührungen und keine Flossen, wenn man nicht damit umgehen kann, schienen zum Schutz der Walhaie zu sein. Hier wurden wir auch in Achtergruppen eingeteilt – ohne jegliche Scham wurde hier im wahrsten Sinne des Wortes zwischen Koreanern, die hier etwa 80% der Touristen ausmachen, und anderen Ausländern segregiert, sodass auf unserem kleinen Ruderboot am Ende ein neuseeländisches, ein englisches und ein deutsches Pärchen und Emma und ich saßen. Nach nur etwa drei Minuten Rudern durften wir unsere Masken und Schnorchel aufsetzen, je nach Schwimmvermögen unsere Schwimmwesten ausziehen und ins Wasser gleiten. Emma und ich hatten uns für Flossen und gegen Westen entschieden, was im Nachhinein eine gute Entscheidung war, da man so schnell genug war, mit den wahrlich riesigen Tieren mitzuschwimmen und auch mal zu ihnen abtauchen konnte. In der halben Stunde, die wir im Wasser hatten, tummelten sich mit uns wechselweise etwa 35 andere Leute und fünf Walhaie im Wasser, die wechselweise von einem Boot zum anderen schwammen und der Spur des Futters folgten. Dass es grundsätzlich die Lebensgewohnheiten wilder Tiere ändert, wenn man sie anfüttert, ist klar, dass dadurch aber auch eine gewisse Symbiose zwischen Leuten und Tieren entstanden ist, auch und so gibt es nun hier in den Philippinen angeblich die größte Population von Walhaien und sie stehen unter einem strengen Artenschutz und werden nicht mehr gejagt, also zumindest nicht mehr mit Harpunen, sondern mit Go-Pro-Kameras. Emma und ich hatten zwar erst vor, ebenfalls Sophies Unterwasser-Kinderkamera mitzunehmen und waren erst enttäuscht, dass der Akku trotz einer Nacht am Aufladekabel morgens leer war, sahen es dann aber als Zeichen, das Erlebnis einfach zu genießen, ohne dem einen tollen Foto nachzujagen. Auch das hat sich im Nachhinein gelohnt, denn so konnten wir staunend feststellen, dass diese Tiere zurecht auf Englisch „Gentle Giants“, sanfte Riesen, genannt werden und einfach andächtig mit ihnen schwimmen, ohne zu überlegen, wie man diese Ausmaße bei einer recht geringen Unterwassersichtweite aufs Foto kriegt.
Der Grund, warum die Koreaner von uns anderen Ausländern getrennt worden waren, erahnten wir dann aber doch, als wir mit einem Walhai zu einem ihrer Boote mitschwammen, da hier wohl andere Regeln zu gelten schienen. Viele Familien hatten kleine Kinder dabei, die nicht schwimmen konnten und deswegen von einheimischen Guides an Rettungsringen durchs Wasser gezerrt und ungelogen auf dem Rücken der Walhaie fürs Foto drapiert wurden. Tatsächlich schien das den Tieren weniger auszumachen als den Kindern, die beim Anblick der riesigen Mäuler oft vor Angst wie am Spieß schrieen. Emma und ich waren ehrlich schockiert, dass die vorherige strenge Sicherheitsbelehrung nur eine Farce gewesen zu sein schien und waren froh, dass unsere tierliebe Sophie lieber ausschlafen wollte, als das mit anzuschauen. Am Ende hatten wir beide aber trotzdem das Gefühl, etwas ganz Besonderes erlebt zu haben, gerade weil wir uns an die Regeln gehalten haben und so mit Abstand sehen konnten, wie anmutig sich diese außergewöhnlichen Tiere in ihrem Element bewegen.
Im Anschluss an dieses Erlebnis stand für uns Packen und die lange Reise nach Palawan mit Taxi, Fähre und Flugzeug an, wo wir eine Nacht in einem sehr liebevollen Hostel namens Bamboo Nest in Puerto Princessa schliefen. Der Abschied fiel den Kindern schon nach einer Nacht schwer, weil sie begeistert mit den Kindern der Besitzer auf dem Trampolin und mit den Hunden und Katzen gespielt hatten. Heute stand aber die etwas abenteurliche, fünfstündige Fahrt mit einer Hammeraussicht ins Paradies El Nido an. Da ich schon bei der Auswahl der Unterkunft bemerkte, dass dieses Paradies seinen Preis hat, haben wir uns für ein Homestay in einem vorgelagerten Ort entschieden, das nicht wie angegeben 16, sondern stattliche 34 Kilometer vom Ortskern entfernt ist. Deswegen ließen wir uns an der Kreuzung zum Ort frühzeitig aus dem Van schmeißen und legten die letzten fünf Kilometer holprigen Feldweg mit unserem Gepäck als Beifahrerinnen auf zwei Mopeds zurück. Die Aussicht und Lage sind unschlagbar und einmal mehr haben die Mädels mir gezeigt, dass sie keinerlei Luxus zum Glück brauchen und diesen Ort perfekt für ein kurzes Durchschnaufen empfinden, obwohl unser Zimmer mehr einem großen Hühnerstall gleicht und der Rest des Hauses einer großen Baustelle. Da wir die einzigen Gäste sind, luden uns die Gastgeber zu einem sehr leckeren Hühnchen-Adobo-Abendessen ein. Die Portionen waren so groß, dass die Katzen und Hunde sich über die Reste freuen durften und jetzt unsere besten Freunde sind.