Entspannung oder so ähnlich auf See

Wie unser Tagesrhythmus aussieht, habe ich ja schon am zweiten Seetag berichtet und daran hat sich an den sieben Seetagen nichts geändert. Während der ersten zwei Tage war es im arabischen Meer mit über 35 Grad und einer hohen Luftfeuchtigkeit echt wahnsinnig heiß und ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel sonnenverbrannte Haut gesehen wie hier. Wir schmieren uns fleißig ein und ich trage beim Sport ein Käppi, sodass wir uns hier Gottseidank noch nicht einreihen können. Am dritten Tag im Roten Meer hat es dann nachts auch mal abgekühlt, aber es wurde tagsüber immer noch stattliche 27 Grad.

Was für uns sehr interessant war, ist dass die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Schiff deutlich erhöht wurden, als wir in den Golf von Aden zwischen Somalia und Jemen fuhren. Auf dem siebten Deck wurden große Banner aufgehängt, auf denen stand, dass alle Schiffe 50 Meter Abstand zu wahren haben und plötzlich patrouillierten bewaffnete Sicherheitskräfte die unteren Außendecks… ich kann nur annehmen aus Angst vor Piraten, was auf einem so gigantischen Kreuzfahrtschiff einerseits verrückt wirkt, andererseits aber auch verständlich, da man hier definitiv fette Beute machen könnte. Beim Abendessen wurden nun auf einmal nach Einbruch der Dunkelheit alle Rollos an den Fenstern zugezogen und als wir beim Personal nachfragten, bekamen wir die Antwort, dass das aus Sicherheitsgründen geschähe. Vielleicht ist es auch gut, dass man die Dekadenz eines von Sterneköchen kreierten Viergängemenüs versteckt, wenn man an den ärmsten und krisengebeutelsten Ländern der Welt vorbeifährt. Die ungerechte Verteilung auf dieser Welt wird einem wohl selten mehr bewusst als auf so einer Art der Reise und ich versuche das mit den Kindern mit so viel Fingerspitzengefühl wie möglich zu thematisieren. Trotz des schlechten Gewissens, dass wir zu den privilegierten Passagieren auf dem Schiff gehören oder vielleicht auch genau deswegen, versuchen wir alles, was uns hier geboten wird, in vollen Zügen zu genießen und uns unser Glück immer wieder bewusst zu machen.

Neben dem tollen Essen und dem vielseitigen Aktivitätenangebot gehört für uns dazu vor allem auch das abendliche Programm. Gegen die Tanz- und Akrobatikshows, die hier allabendlich vorgeführt werden, sehen die meisten Varietéshows, die ich zuhause schon gesehen habe, alt aus. Besonders beeindrucken uns die Shows der Luftakrobaten, die hier auf dem Schiff an verschiedenen Schal-, Seil-, Metall- und Glaskugelkonstruktionen zehn Meter über der Bühne ohne Netz oder doppelten Boden künstlerisch hochwertige Spitzenleistungen abliefern. Aber auch die Sänger, Tänzer, Jongleure und Komödianten können sich sehen lassen und bisher haben wir jede einzelne Show, die meistens etwa 45 Minuten dauern und allabendlich zweimal stattfinden, genossen. Für die Passagiere mit der zweiten Essenszeit um 21.00 Uhr findet die Show um 19.30 Uhr statt und für alle, die wie wir schon um 18.30 Uhr essen, um 21.15 Uhr. Davor und danach genießen wir an verschiedenen Orten die Livemusik und tanzen. Manchmal gibt es aber auch noch ein Konzert im Colosseo. So ist hier zum Beispiel eine Band an Bord, die sich auf Elton John Songs spezialisiert hat und ein Sänger, der nicht nur stimmlich, sondern auch vom charismatischen Auftreten her mit Freddie Mercury mithalten kann. Um 22.30 Uhr beginnt dann jeden Abend die täglich wechselnde Themenparty, die wechselweise ebenfalls im Colosseo oder draußen auf Deck 16 bis 18 auf dem Piazza del Campo stattfindet. Sophie geht vorher ins Bett, aber Emma und ich haben schon festgestellt, dass die Partys draußen deutlich cooler sind als die im Schiff, den nichts kann die arabische Nacht toppen, bei der das Animationsteam uns Passagiere zu arabischen Klängen in Gewändern, die aus 1001 Nacht zu stammen schienen, einheizten und uns zum Tanzen animierten, bis die Füße weh taten. Dagegen war der Offiziersball echt eine Schnarchveranstaltung und Emma entschloss sich nach nicht einmal zehn Minuten, ihr Abendkleid lieber wieder in den Schrank zu hängen und stattdessen mit dem Teenie Club Kicker zu spielen. Ich sah mir die ganze Veranstaltung tatsächlich mit großen Augen, wenn auch wenig Begeisterung bis zum Ende an, denn bei einem Ball hatte ich tatsächlich erwartet, dass getanzt würde, aber eigentlich waren die etwa zwanzig männlichen und weiblichen Offiziere mit oft peinlich berührten Gesichtern lediglich damit beschäftigt, Damen jenseits der 75 in Glitzerkleidchen schunkelnd übers Parkett zu schieben. Die teilnehmenden Damen und auch etwa fünf Herren mussten sich insgesamt fünf Tänze auf einer Tanzkarte von den Offizieren und da der Ansturm so groß war, teilweise auch von den Animateuren abzeichnen lassen, um dann an einem Wettbewerb teilnehmen zu können, bei dem es Costa Merchandise als Preise gab. Geduldig schaute ich mir das Ganze bis ganz zum Ende an und bewunderte dabei, wenn schon nicht das Tanzen, die vielen wirklich schönen Abendkleider. Als ich nach der Preisverleihung schon zu Sophie zurück in die Kabine wollte, fing mich mein Lieblingsanimateur Bryan aus den Philippinen ab, der am Nachmittag das Basteln, an dem Emma und Sophie teilgenommen hatten, geleitet hatte, ab und forderte mich zum Tanzen auf. Also schunkelten wir noch ein paar Lieder gemeinsam über die Tanzfläche und erzählten uns gegenseitig, wie toll wir Emma und Sophie finden! Tatsächlich tut es meiner Seele gut, von allen möglichen Seiten zu hören, was für tolle, wohlerzogene und vor allem fröhliche Kinder ich habe. Da das in unserer momentanen Situation nicht selbstverständlich ist, macht es mich sehr glücklich, wenn andere Leute das so wahrnehmen, auch wenn das mit dem wohlerzogen definitiv vergessen ist, sobald die Kabinentür hinter uns zufällt und die wilden, nicht immer freundschaftlichen Kissenschlachten und das dazu gehörende Gestreite beginnt. Insgesamt aber tut es uns allen und vor allem auch mir gut, mal wieder über einen längeren Zeitraum Kontakt zu den selben Erwachsenen zu haben, denn eine Reise wie unsere bisher bedeutet nun mal, täglich neue Leute kennenzulernen, aber auch fast täglich wieder Abschied zu nehmen, egal wie nett man sie findet. Im Gegensatz dazu fühlen sich die Bekanntschaften auf einer 19-tägigen Kreuzfahrt ja fast an wie Langzeitbeziehungen.

Während der insgesamt sieben Seetage nahmen wir jede Show, jedes Konzert, jede Party und fast jeden Wettbewerb mit. Ich spielte täglich Volleyball, nahm an Sport- und Tanzkursen teil und trotzdem blieb noch Zeit zum Lesen, Schreiben und für lange Gespräche. Das hat mir einmal mehr bewusst gemacht, wieviel Zeit die tägliche Organisation auf einer Reise kostet, um eben all das zu planen und machen, was auf einem Kreuzfahrtschiff für einen gemacht wird und diesen Luxus genieße ich gerade in vollen Zügen und werde ihn wahrscheinlich danach schmerzlich vermissen.

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