Obwohl Emma sich am letzten Seetag eine ordentliche Erkältung eingefangen hat und die Hälfte des Tages im Bett verbracht hat, hätten keine zehn Pferde sie heute aufhalten können, Knossos, den Ort ihrer griechischen Sagenträume zu erkunden. So sind wir nach dem Frühstück von Bord gegangen und haben nun seit genau acht Monaten wieder europäischen Boden betreten. Mit dem öffentlichen Bus ging es vom Hafen aus zum nur fünf Kilometer entfernten Knossos. Im Bus waren wir absolut „starstruck“. Leider fällt mir dafür gerade kein gutes deutsches Äquivalent ein und so will ich kurz erklären, was ich meine. Während wir uns mit den Profitänzern, die auch den Tanzunterricht geben, ja schon von Anfang an angefreundet hatten, standen hier im Bus nun die zwei Akrobaten, die am Abend vorher ein Fest für die Sinne auf der Hauptbühne im Colosseo abgeliefert haben und wir konnten es alle drei nicht fassen, dass wir nun neben diesen „Stars“ im Bus saßen. Die Kinder erwarteten nun, dass ich sie ansprach und ihnen sagte, wie toll wir ihren Auftritt fanden. Tatsächlich war ich etwas nervös, denn wahrscheinlich wollten die beiden diesen Ausflug auch einfach mal als Privatleute genießen und nicht immer von den vielen Passagieren angehimmelt werden. Als ich ihnen dann aber sagte, wie begeistert wir von Ihrem Können sind und dass wir noch selten etwas so Schönes gesehen haben, wie ihre Darbietung, freuten sie sich sehr und der Rest der Busfahrt verging wie im Flug, da sie geduldig alle Fragen der Kinder beantworteten. Als wir in Knossos ankamen, kannten wir also die Lebens- und Liebesgeschichte der beiden und winkten uns, wenn wir uns zufällig später auf dem Gelände sahen, immer freudig zu. Am Eingang habe ich mich aber erst einmal gefreut, dass Kinder in Griechenland für kulturelle Stätte keinen Eintritt zahlen müssen. An den etwas aufdringlichen Führern sind wir schnell vorbeigelaufen und haben diese Geburtsstätte einer der ältesten europäischen Hochkulturen auf eigene Faust erkundet. Emmas Erkältung war hier völlig vergessen und begeistert packte sie alle Geschichten der griechischen Sagenwelt aus, die mit Kreta zu tun haben. Von Zeus und Europa ging es zu Minos und Pasiphae, dem schönen Stier, dem Minotaurus, Theseus und Ariadne und natürlich auch zu Daedalus und Ikarus. Hier spannte sie schon den Bogen zu den Athenern, die alle neun Jahre sieben Jungfrauen und sieben Jünglinge dem Minotaurus opfern mussten und als sie die Geschichte der Pallas Athene erzählen wollte, hielt ich sie zurück, da wir ja bereits morgen in Athen anlegen würden und wir dann ja auch noch Unterhaltung brauchen. Sophie klangen bei all den Namen und Geschichten inzwischen schon die Ohren und sie war sehr enttäuscht, dass man das Labyrinth nur als steinige Überreste erkunden konnte. An einer Stadtbesichtigung von Heraklion hatten beide Kinder dann kein Interesse mehr und wollten lieber zurück aufs Schiff und da Emma immer noch nicht wieder ganz fit war, fand auch ich das eine gute Idee und so schaffte ich es noch zum nachmittäglichen Volleyballspiel. Abends stand dann erst eine sehr sinnliche Tanzaufführung namens „Sin City“ von den Profipaartänzern auf dem Programm und dann eine Akrobatenshow namens „Fantasia“, bei der man gar nicht wusste, wohin man zuerst schauen sollte. Nach diesem wunderschönen, aber auch sehr vollen Tag, plumpsten wir abends alle erschöpft und glücklich ins Bett.