Panik bei den Pyramiden

Wie schon angekündigt, haben wir gestern Europa wieder verlassen und haben ein letztes Mal den Kontinent gewechselt. Unsere letzten Reisemonate werden wir in Afrika verbringen und fangen jetzt in Ägypten damit an. Der Flug von Rom nach Kairo verlief völlig ereignislos und aus dem Flugzeug konnten wir schon das Nildelta und die enormen Ausmaße der Stadt sehen, die mit inzwischen schon 22 Millionen Einwohnern definitiv die größte ist, die wir auf dieser Reise besuchen werden. Dementsprechend dauerte die Fahrt zu unserer Unterkunft vom Flughafen auch über eine Stunde, wobei, wie der Fahrer uns versicherte, kaum Verkehr war. Fasziniert schauten wir aus den Autofenstern und erblickten wieder einmal eine für uns völlig neue Welt. Im Gegensatz zu der arabischen Welt, die wir in Abu Dhabi und den Städten im Oman kennengelernt haben, wirkte Kairo auf den ersten Blick viel chaotischer, dreckiger und ärmer, aber auch viel spannender. Neben vielen alten und irgendwie zerquetscht aussehenden Minibussen fuhren Karren von Eseln und Maultieren gezogen. Schon auf dem Weg zum Hotel konnten wir in der Ferne die Pyramiden von Gizeh sehen. Emma war begeistert und Sophie stellte erstaunt fest, dass sie sich die Pyramiden viel kleiner vorgestellt hatte.

Unsere erste Nacht in Ägypten war sehr unruhig, weil erst Sophie auf irgendetwas allergisch reagierte und Pusteln an immer wieder wechselnden Stellen am Körper bekam, die stark juckten. Als sie dann endlich eingeschlafen war, wachte Emma mit einem komplett zugeschwollenen Auge auf, das gekühlt werden wollte. Dementsprechend waren wir morgens alle ein bisschen gerädert, aber trotzdem schon aufgeregt, das einzige noch stehende der sieben Weltwunder der Antike aus der Nähe zu sehen, wenn auch mit Pusteln und dickem Auge. Pünktlich um neun wurden wir, wie vereinbart, von unserer Führerin Jasmine und unserem Fahrer am Hotel abgeholt und starteten den Tag im 20 Kilometer entfernten Sakkara, wo wir nicht nur die 4500 Jahre alte Stufenpyramide bewunderten, sondern auch einen Blick auf den Sakorphag im Inneren und die unglaublich ausgeklügelten Reliefs, die man nur im Taschenlampenschein auf den von Hieroglyphen bedeckten Wänden erhaschen konnten. Jasmine bestach für uns sogar einen Sicherheitsbeamten, um uns Eintritt in den ursprünglichen Gang zur Grabkammer zu ermöglichen, wofür man angeblich offiziell eine Genehmigung braucht, weswegen alle anderen enttäuschten Touristen weggeschickt wurden, wir aber noch kurz rumlungerten und dann mit einem „yalla yalla“ durchs Gatter gelassen und die dunklen Treppenstufen hinunter gescheucht wurden. Mit dem nicht sonderlich hellen Licht meiner Handytaschenlampe ging es für uns dann bis zu einem verrosteten Gatter und das Ganze erinnerte mich sehr an eine Szene aus Indiana Jones. Dort fummelte Jasmine dann an einem alten Sicherungskasten und schaltete für uns die Lichter ein. Beim Ausschalten erzählte sie, dass sie schon einmal das Gefühl gehabt hätte, von einem Schatten verfolgt worden zu sein, was Emma sehr spannend fand und was ich für Sophie, die sowieso schon hinter jeder Ecke eine Mumie vermutete, mal lieber nicht übersetzte. Sehr vorsichtig pirschten wir uns dann vor der Pyramide an das Guckloch an, durch das man die Statue des Djoser sehen kann, dem wie der Sphinx die Nase fehlt.

Von hier aus ging es erst noch zu einer Schule fürs Teppichknüpfen und -weben, wo Emma und Sophie mal ihr Handarbeitstalent unter Beweis stellen durften und die Nassach-Oma wäre als ehemalige Handarbeitslehrerin sicher stolz gewesen, dass mir viele Tausend Pferde und Kamele geboten wurden, wenn ich die Mädels dort gelassen hätte. Egal wie sehr ich Pferde liebe, war das natürlich keine Option für mich und obwohl wir keinen der wirklich schönen, aber auch sauteuren Teppiche kauften, wurden wir freundlich verabschiedet. Nun ging es endlich zurück nach Gizeh, wo wir in einer Pferdekutsche einmal um die drei großen und sechs kleinen Pyramiden, die Sphinx und andere Grabstätten zu einer Aussichtsplattform kutschiert wurden. Leider wurde dieses eigentlich einmalige Erlebnis für mich aber davon überschattet, dass ich mein Handy verlor. Bei der Aussichtsplattform angekommen, bemerkte ich, dass mein Handy nicht mehr wie sonst immer an seinem Bändchen vor meiner Hüfte baumelte und in der Kutsche konnten wir es nicht finden. Zusammen mit dem Kutscher machte ich mich also zu Fuß auf den Weg zurück durch den Sand zur letzten Pyramide und suchte den Boden vergebens nach meinem Handy ab. Dabei schossen mir vor lauter Panik schon die Tränen in die Augen, da ich gerade auf diesem letzten Abschnitt der Reise so völlig abhängig von meinem Handy bin – vom Onlinebanking über den Visaantrag zu den Bewerbungsunterlagen für das Lehrertauschverfahren und Vieles mehr. Mit den Augen im Sand sandte ich ein Stoßgebet nach dem anderen zum heiligen Antonius und als ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte und mein schlechtes Gewissen schon immer größer wurde, dass ich den armen Kutscher hier bei 35 Grad während des Ramadans durch die Wüste jagte, kam von einer anderen Kutsche der erlösende Schrei, dass sie mein Handy gefunden hatten. Nun musste ich vor lauter Glück und Erleichterung wirklich heulen und auch den Kindern, die in der Zwischenzeit das Pferd gestreichelt hatten, fiel ein Stein vom Herzen. Glückselig fuhren wir dann zur Sphinx, wo uns Jasmine bereits erwartete und uns weiter mehrere sehr interessante Vorträge zur ägyptischen Hochkultur hielt. Banausin, die ich manchmal bin, musste ich beim Anblick der Sphinx aber die ganze Zeit an eine Ausgabe von Asterix und Obelix denken, wo auf lustige Art erklärt wird, warum ihr die Nase fehlt.
Nun ging es weiter zu einer Papyrusfabrik, wo wir nicht nur leckere Getränke bekamen, sondern auch eine Vorführung, wie das Papyrus gemacht wird und wie man echtes von gefälschtem unterscheidet. Wie im Teppichladen war es okay, dass wir auch hier nichts kaufen wollten. Im Silber- und Goldbasar war das dann schon ein bisschen anders, als ich einfach ehrlich sagte, dass unser Reisebudget keine 35 Euro für ein Hieroglyphenkettchen hergab, das uns sicher auf dem nächsten Markt für einen Bruchteil hinterher geschmissen wird… den zweiten Teil habe ich mir aber mal vorsorglich nur gedacht.

Ziemlich erschöpft, aber voller neuer Eindrücke ließen wir uns nochmal zurück ins Hotel fahren, auf dessen Dachterrasse wir nicht nur einen tollen Blick auf den Sonnenuntergang hinter den Pyramiden hatten, sondern wo wir auch zuschauen konnten, wie mehrere muslimische Großfamilien zusammen kamen, um nach Sonnenuntergang das Fasten zu brechen. Um acht ging es dann zum Bahnhof, wo wir zuschauten, wie unser Fahrer einem Polizisten ein Scheinchen in die Hand drückte, damit der uns sicher und wohlbehalten auf unsere Plätze im leider ziemlich verspäteten Nachtzug brachte. In dem sitzen wir jetzt immer noch und freuen uns schon auf die nächsten Abenteuer im Süden des Landes.

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