Als eine andere Freiwillige aus Neuseeland uns am Anfang der Woche fragte, ob wir dieses Wochenende mit ihr auf Safari gehen wollten, weil es ihr letztes Wochenende war, überlegten wir nicht lange, denn das stand natürlich ganz oben auf unserer Wunschliste für Afrika und günstiger als über unsere Organisation kann man es wohl nirgendwo buchen und trotzdem hat diese dreitägige Tour in die Serengeti und den Ngorongoro-Krater ein großes Loch in unser Reisebudget gerissen, das wir nur dadurch stopfen können, dass wir gerade unter der Woche überhaupt keine Ausgaben haben. Da unsere Organisation mit der Safari-Firma kooperiert und auch daran interessiert ist, dass man Tansania in all seiner Schönheit kennenlernt, haben wir für die Safari sogar einen Tag frei bekommen und so ging es am Freitagmorgen um sieben statt in die Schule in den Jeep. Neben Georgia aus Neuseeland waren auch noch Ashley und Annie aus Amerika dabei und da alle drei angehende Ärztinnen sind, konnte auch echt nichts mehr schief gehen und wir hätten uns keine tollere Gruppe wünschen können. Ashley kommt ursprünglich aus Südafrika und war schon auf vielen Safaris, weswegen sie uns viele gute Tipps geben konnte. Aber auch bei unserem Fahrer und Guide Jamal und unserem Koch Sahidi waren wir in den besten Händen.
Zuerst stand der Serengeti-Nationalpark auf dem Programm. Auf dem Weg dorthin durchquert man zwar auch schon den Ngorongoro-Nationalpark, aber hat nur einen kurzen Blick in den Krater, in den wir dann heute, am dritten Tag, zur genaueren Erkundung gefahren sind. Kaum waren wir im Nationalpark, sahen wir auch schon die ersten Giraffen und Zebras in der Ferne und überredeten Jamal zum Anhalten. Er schmunzelte, hielt aber an und keine halbe Stunde später wussten wir, warum er hatte schmunzeln müssen, denn auf der weiteren Fahrt warteten links und rechts der Straße hunderte Zebras, Giraffen und Antilopen in nächster Nähe und wir konnten unser Glück kaum fassen, diese von Sophie so heiß geliebten Tiere zum ersten Mal in ihrem natürlichen Lebensraum sehen zu können. Besonders schön war es natürlich immer, die Jungtiere durchs Gras, das von gelben Blüten übersät war, hüpfen zu sehen. Als wir den einen Nationalpark verließen und in die Serengeti fuhren, änderte sich schlagartig das Terrain und aus den Bergen und Hügeln, in denen man auch viele Massai mit ihren Kuh- und Schafherden zu sehen bekam, wurde eine endlose Ebene, was auch die deutsche Übersetzung für Serengeti ist, in der die Regierung keinerlei Siedlungen erlaubt, was wohl auch damit zu tun hat, die Wilderei zu bekämpfen. Laut unseres Guides hat sich die Situation diesbezüglich in Tansania in den letzten 10 Jahren enorm verbessert und viele gefährdete Tierarten konnten sich dadurch erholen. Kaum war Sophie aufgefallen, dass wir schon länger keine Tiere mehr gesehen hatten, sahen wir direkt am Straßenrand auch den Grund liegen. Da räkelte sich in aller Ruhe und Genüsslichkeit eine Löwenfamilie. Während wir beobachteten, wie der Löwenpapa mit einer der Löwendamen zu einem romantischen Spaziergang ins hohe Gras aufbrach, die Löwenbabys beim Spielen übereinander kullerten und eins bei der Mami zum Trinken vorbeikam, versicherte uns Jamal und auch Ashley, dass dieses Naturschauspiel wirklich sehr selten ist und wir wieder mal richtig großes Glück hatten. Keine hundert Meter weiter lagen noch zwei junge männliche Löwen auf einem Hügel Erde und ließen sich die Sonne auf den Bauch scheinen und absolut nicht von uns stören. Danach sahen wir dann gleich eine Gnuherde, Hyänen, Straußvögel und Geier und waren schon von unserem ersten Safaritag völlig begeistert. Genau zum Sonnenuntergang kamen wir auf dem Zeltplatz an, wo wir außer einem holländischen Pärchen und drei Französinnen die einzigen Übernachtungsgäste waren. Also tollten wir im Dämmerlicht auf der Wiese herum und vertraten uns nach den vielen Stunden im Auto die Beine, bis uns ein sehr leckeres Abendessen serviert wurde. Danach plumpsten wir in die Schlafsäcke und schliefen vor lauter Tierbeobachtungen selig ein.
Pünktlich zum Sonnenaufgang waren wir wieder wach und nach einem Frühstück mit Omelette und Pfannkuchen ging es direkt wieder los. Unser erstes Ziel war heute ein Flusslauf, in dem wir nicht nur mehrere Krokodile, sondern vor allem unzählbar viele Nilpferde sahen, deren Gestank sie schon angekündigt hatte. Auch hier sahen wir wieder Junge, die mit ihren Eltern und älteren Geschwistern spielen wollten und in regelmäßigen Abständen sahen wir, wie die Nilpferde sich im Wasser um die eigene Achse drehten und dabei die Füße in die Luft streckten. Als Nächstes stand ein Naturschauspiel für uns auf dem Plan, von dem ich nie für möglich gehalten hätte, dass wir das in freier Wildbahn erleben und im ersten Moment fürchtete ich um Sophies tierliebes Gemüt, als wir doch tatsächlich eine Löwin bei der Jagd erleben durften. Geschickt trieb sie ein Babygnu von der Herde ab und machte vor unseren und den neugierigen Augen ihrer eigenen Jungen kurzen Prozess und brachte es zur Strecke. Nach einem ersten Vorkosten überließ sie die Mahlzeit ihren Jungen und behielt sie mit etwas Abstand im Auge. Sophie und Emma empfanden diese Jagd genau wie ich zwar schockierend, aber auch faszinierend und da es sich hier eben um den von Elton John im König der Löwen besungenen „Circle of Life“ handelt, gehört das im Tierreich eben einfach dazu. Eigentlich dachten wir nun, dass der es doch gar nicht besser werden könnte, aber Jamal belehrte uns eines Besseren, denn nachdem wir aus der Ferne schon viele Elefanten gesehen hatten, stellte er unseren Jeep gekonnt in die Route einer Elefantenherde aus 17 verschiedenen Exemplaren in allen Größen, unter anderem einem etwa zwei Wochen alten Baby, das auf dem Weg immer mal wieder bei seiner Mama trinken musste oder den Schwanz des großen Bruders packen musste. Wie schon bei den Löwen konnte ich es wieder nicht fassen, wie nahe diese riesigen Tiere an uns vorbeiliefen und sich gar nicht von uns oder dem Auto gestört fühlten. In aller Ruhe fraßen sie sich eine Spur an uns vorbei und wir konnten uns gar nicht an ihnen satt sehen. Dann war es wirklich Zeit fürs Mittagessen, für das wir zurück zum Campingplatz fuhren. Im Anschluss machten wir uns auf den Weg zurück zum Ngorongoro-Nationalpark und auch dieser Weg war wieder voller Tiersichtungen und im Jeep auf dem Sitz stehend, weil man das Dach ja hochklappen kann, vollführte Sophie einen Glückstanz und stellte fest, dass Tansania sich definitiv jetzt schon an die Spitze ihrer Lieblingsländer geschoben hat und ich kann nur zustimmen, denn diese Safari hatte nun bereits all meine Erwartungen bei Weitem übertroffen und war definitiv jeden Cent wert.
Auf dem zweiten Campingplatz war nun deutlich mehr los, aber dafür gab es für uns auch zum ersten Mal seit 12 Tagen wieder eine warme Dusche und man kann sich gar nicht vorstellen, wie sehr man sich über so eine für uns zuhause selbstverständliche Sache freuen kann. Am Ende des Tages gab es für Emma dann leider noch eine Tierbegegnung der unschönen Art, als ihr eine Wespe von unten in die Hose flog und sie ins Knie stach. Glücklicherweise hatte ich an unser Allergieset gedacht, aber überraschender Weise scheint Emma auf afrikanische Wespen nicht so zu reagieren wie auf deutsche und hatte keinerlei allergische Reaktion. Da wir an diesem zweiten Abend sehr lange auf das Abendessen warten mussten und der Essensraum eher einem Tanzsaal glich, ergriffen wir, vom Abschlussball meiner Nichte inspiriert, die Chance und ich brachte Emma und Sophie das Walzertanzen bei, was sie dann heute, am dritten Tag, in jeder Pause zur Freude unseres Guides übten.
Der heutige Tag begann etwas feuchter und kälter als die letzten beiden, was sicher aber auch an der Höhe der Ngorongo-Kraterrandes von über 2000 Metern liegt. Nach dem Frühstück brachen wir auf und fuhren durch die Wolkendecke in den Krater hinein, in dem es abgesehen von der Giraffe alle Tiere gibt, die es auch in der Serengeti gibt. Giraffen schaffen nämlich den steilen Abstieg nicht und würden mit ihren ungleich langen Beinen hier ins Stolpern kommen. Tatsächlich sahen wir innerhalb kürzester Zeit auch wieder alle Tiere, die wir gestern schon gesehen hatten. Neu kamen heute aber noch Wasserbüffel aus der Nähe, Nashörner, Flamingos und Schakale hinzu. Wieder sahen wir Elefanten aus nächster Nähe und eine riesige Pavianfamilie, in der die Jungen so ausgelassen spielten, dass wir Stunden hätten zuschauen können. Unser Guide Jamal hat echt alles gegeben, um Ashleys Wunsch wahrzumachen, nach vielen Safaris nun endlich mal einen Leoparden zu Gesicht zu bekommen, aber leider blieb dieser unerfüllt. Natürlich hätten wir gern auch noch den letzten der Big 5 gesehen, aber inzwischen hatten wir längst unsere eigenen Listen, der fünf Schönsten, Süßesten und Lustigsten angelegt und waren mehr als zufrieden mit dem, was wir an diesem Wochenende gesehen haben. Nach dem Mittagessen machten wir uns auf den langen Weg zurück nach Arusha und allen fielen dabei vor lauter vorheriger Aufregung mal die Augen zu. Jetzt sind wir wieder in unserer Gastfamilie und freuen uns morgen auf die Schule bzw. den Kindergarten, wo uns die Kleinen schon ganz schön ans Herz gewachsen sind.