Gestern ging es nun das erste Mal seit einem Monat für uns wieder ein ganzes Stückchen weiter, von Arusha nach Sansibar und auch der Abschied von unserer Gastmutter Perina, die uns noch in aller Schnelle ein fabelhaftes Mittagessen zauberte und der wir zum Abschied ein Herz aus Ferrero Rochers, unserer absoluten Lieblingssüßigkeit, die uns seit nun mehr zehn Monaten egal, wo wir sind, verfolgt und manchmal das Gefühl gibt, ein bisschen Heimat zu schmecken, geschenkt haben, war schwer. Etwa 15 Minuten nach unserem Abschied hat sie ein Foto der halb leer gefutterten Packung geschickt und war wohl ähnlich begeistert wie wir. Ein letztes Mal ging es für uns über die aufgeweichten Schlammwege zur Hauptstraße, was die Fahrt mehr zu einer Rutschpartie machte. Für die acht Kilometer zum Flughafen von Arusha brauchten wir fast 35 Minuten und der Flughafen war noch kleiner als der in Kilimandscharo, den Check-In erledigte man draußen unter einem offenen Zelt. Leider stellte ich da fest, dass das Airlinechaos, das ich im letzten Eintrag beschrieben hatte, auch hier noch nicht endete, denn obwohl ich nun doch eine Bestätigungsemail bekommen und gesehen hatte, dass die Kreditkarte belastet worden war, schien unsere Buchung gecancelt. Nach den Erlebnissen dieser Reise machen mich solche kleinen Hiobsbotschaften aber nicht mehr nervös, denn bisher gab es ja eigentlich immer eine Lösung. Also lächelte ich die Damen hinter dem vergitterten Fenster freundlich an und fragte, was ich da jetzt denn tun könnte. Da lächelten sie freundlich zurück und sagten, dass ich hier neue Tickets kaufen könnte, aber natürlich nur mit Bargeld. Leider hatte ich aber keine Million Schilling in der Tasche und an diesem aus einer Zeltansammlung bestehenden Flughafen gab es auch keinen Geldautomaten und unser Fahrer, der uns zum Flughafen gebracht hatte, war natürlich schon wieder weg. Da es ja schon bei unserer Ankunft in Tansania von Erfolg gekrönt war, mal die „Damsel in Distress“ raushängen zu lassen, hatte das auch jetzt wieder Erfolg und keine fünf Minuten später saß ich im Auto des Flughafenaufsehers, der mich in seinem privaten Auto zum nächst gelegenen Geldautomaten fuhr. Die Mädels und das Gepäck waren bei den Damen des Bodenpersonals gut aufgehoben und spielten mal wieder unser Lieblingsratespiel, wo denn die anderen Passagiere herkämen. Mit einem dicken Bündel Geld – ist der größte Schein, den man hier bekommt, doch 10.000 Schilling – war ich schneller wieder da, als vermutet und dann dauerte es auch keine zehn Minuten mehr, bis wir mit unseren Boardingpässen im Wartebereich saßen, wo das große Raten um die Nationalitäten weiter ging. Tatsächlich waren es hier hauptsächlich etwas ältere Amerikaner und süddeutsche Familien, die anscheinend die Pfingstferien für einen Tansania-Urlaub nutzten. Beim Boarden der recht kleinen Maschine stellten wir fest, dass wir nun im Flieger von 14.45 Uhr in der letzten Reihe statt in dem von 15.05 Uhr in der ersten Reihe saßen, aber solche Kleinigkeiten machen uns schon lange nichts mehr aus und im Nachhinein war diese Änderung ein Glücksfall, da wir direkt hinter einer sehr netten Familie aus Augsburg mit zwei Teenie-Töchtern saßen, denen erst die Mädels und dann ich wieder einmal recht übersprudelnd von unserer Reise erzählten. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst, dass die Redebegeisterung wohl genetisch zu sein scheint, da Emma und Sophie sich geradezu darum stritten, wer welche Geschichte erzählen durfte. So verging der Flug wie im Flug und wahrscheinlich bluteten den armen Augsburgern danach die Ohren. Erst danach ist mir aufgefallen, dass wir so viel erzählt hatten, dass wir gar nicht viel über die Familie wussten, außer dass wir sie sehr nett fanden. Der Vater hatte eine richtig professionelle Kamera dabei und machte bei der Ankunft damit ein paar Fotos von uns, was ich natürlich nett fand, weil es von uns dreien ja gar nicht so viele Fotos gibt. Beim Abschied gab er mir seine Visitenkarte, damit ich ihn wegen der Fotos anschreiben konnte und als ich ihn gerade mal gegoogelt habe, staunte ich nicht schlecht, welche Berühmtheiten dieser tatsächliche Profifotograf schon alles vor der Linse hatte und hoffe nun umso mehr, dass wir vielleicht eins der Fotos, die er von uns gemacht hat, geschickt bekommen.
Der Besitzer des Hostels, das wir in Stonetown auf Sansibar gebucht hatten, wartete trotz der verfrühten Ankunft schon auf uns, da, wie er sagt, Precision Airline ihrem Namen alle Ehre macht und oftmals überpünktlich ist. Schon auf der Fahrt in die Altstadt fiel uns auf, dass Sansibar deutlich reicher zu sein scheint als Arusha und dass man hier viel mehr Touristen sieht, was natürlich wie immer zusammenhängt. Geschickt chauffierte uns unser Gastgeber durch die engen Gässchen und als er uns recht bescheiden das Zimmer zeigte, war er von der Reaktion der Mädels, die von der Größe, Sauberkeit und vor allem vom Badezimmer mit einer echten Toilette und warmen Dusche so begeistert waren, wie er es wohl selten erlebt hat, völlig überrascht und komplimentierte mich für meine entzückenden Töchter, während auch ich mich im Geiste schon auf die erste echte Dusche seit Wochen freute. Noch vor der Dusche wollten wir aber Stonetown erkunden und auf dem im Lonely Planet empfohlenen Nachtmarkt essen. Zuerst einmal liefen wir zum keine 50 Meter vom Hostel entfernten Strand und Hafen, wo gerade riesige LKWs mit bahnbrechender Geschwindigkeit auf Matten und Metallgittern über den Sand in eine bereit stehende Fähre rasten. Da die Regenzeit auch vor so einer traumhaften Insel wie Sansibar nicht halt macht, waren die Straßen und der Strand nämlich teilweise überschwemmt und die Fahrer hatten wohl Angst, kurz vor dem Ziel stecken zu bleiben. Nach diesem Schauspiel liefen wir den Strand entlang, wo eine riesige Gruppe einheimischer Kinder gerade aus dem Wasser kam und sich unter viel Gekicher und ohne Handtücher versuchte, die Kleider wieder anzuziehen. Sobald sie uns sahen, gab es ein großes „Hello, how are you?“-Geschreie und als wir auf Suaheli antworteten, quatschten sie uns so schnell voll, dass wir leider gar nichts mehr verstanden, weil unser Suaheli wahrscheinlich genauso gut bzw. rudimentär ist wie das Englisch dieser Kinder. Aber ein Lächeln und High Five gehen ja immer. Nachdem wir über die Ankertaue vieler Fischerboote gestapft waren, sahen wir das Sportprogramm der einheimischen Jugendlichen. Während einige Fußball spielten, waren es vor allem die Turner, die unseren Atem stocken ließen, denn sie hatten einen großen LKW-Reifen zum Trampolin umfunktioniert und von den kleinen etwa achtjährigen bis zu den sehr durchtrainierten jungen Männern wirbelten alle mit den unterschiedlichsten Saltos durch die Luft – gebückt, gehockt, gestreckt, mit Schraube, doppelt! Das fanden wir natürlich supercool und hier hätten wir stundenlang zuschauen können, wenn nicht der nächste Regenguss uns zum Weiterlaufen und Unterstellen gezwungen hätte. In der nächsten Regenpause ging es dann zum Nachtmarkt, wo wir uns erst leckere gegrillte Meeresfrüchte und ein Chicken Tandoori mit Knoblauch-Naan gönnten – denn Stonetown ist für seinen Mix aus afrikanischen, arabischen und indischen Einflüssen bekannt – und dann einen Crêpes mit Nutella. Während wir im Stehen schlemmten, weil alle Sitzplätze klatschnass waren, quatschten uns zwei siebzehnjährige Jungs an, die angeblich ein bisschen Englisch üben, aber dabei vor allem Emma schöne Augen machen wollten. Als Englischlehrerin habe ich das Erste natürlich unterstützt, als überbehütende Mama das Zweite aber sofort unterbunden. Mit vollen Bäuchen und vielen neuen Eindrücken liefen wir durch Stonetowns steinalte Gassen zurück zum Hostel und bewunderten schon im Dunkeln die vielen unterschiedlichen Einflüsse, die sich auch in den Baustilen zeigen und die wir heute bei Tageslicht noch weiter erkunden wollen.