Gestern wollte uns Marli Harensburg, den Ort, aus dem sie kommt, zeigen und der Plan war, dass wir mit ihr die Käserei, das Waffelhaus, einen Wasserfall und einen Ziplinepark besuchen und sie dann für ihr freies Wochenende zuhause abliefern, bevor wir wieder zurück zur Farm fahren wollten. Morgens hatten wir noch gemeinsam die Pferde reingeholt und gefüttert und dann ging es in unserem kleinen Kwid los. Erst sorgte Marli mit ihrem Country lastigen Musikgeschmack für gute Stimmung bei mir und Langeweile bei Emma und Sophie. Dann übernahm Emma als DJane und sorgte bei uns allen mit dem nigerianischen Song „Calm down“, der irgendwie unser Reisesong geworden ist, weil er uns letztes Jahr durch ganz Südamerika, im Wohnmobil in Neuseeland und Australien, am Strand und in den Bussen in Asien, täglich auf dem Kreuzfahrtschiff und jetzt natürlich auch in Afrika, wo er ja herkommt, begleitet hat. Was dann passierte, passte zwar nicht zu den guten Vibes im Lied, aber sein Titel war für den Rest des Tages unser Mantra, denn als unser kleiner Kwid sich langsam einen kurvigen Berg hochkämpfte, kam ein weißer Polo auf der Gegenfahrbahn viel zu schnell den Berg herunter, rutschte in der Kurve weg und schlitterte uns völlig unkontrolliert seitlich entgegen. Ausweichen war hier keine Option, also stieg ich voll auf die Eisen und schrie noch, haltet euch fest, als wir dem Polo, den nur die Leitplanke auf der Straße gehalten hatte, voll in die Seite rumsten. Schnell war klar, dass meine drei Mitfahrerinnen und die beiden Männer im anderen Auto außer Gurtspuren und einer kleinen Beule auf Emmas Stirn unverletzt davon gekommen waren. Der Schock saß bei den Mädels aber tief und ich war sehr froh, dass die Südafrikaner ein unglaublich hilfsbereites Volk sind. Sofort blockte ein Mann mit seinem riesigen Pickup den Unfallort ab. Es dauerte keine zehn Minuten, bis die Polizei und auch ein Krankenwagen, den wir gottseidank nicht brauchten, zur Stelle war. Avis schickte einen Abschleppwagen und Uli holte uns ab, da das wohl definitiv die letzte Fahrt unseres Kwids gewesen war. Sehr froh war ich, dass die Kinder nicht mit mir am Unfallort bleiben mussten, sondern dass der liebe Ersthelfer, der heute echt unser Held war, Marli, Emma und Sophie mit seinen eigenen Kindern, die heute den letzten Schultag vor den Winterferien hatten, in ein nahe gelegenes Kaffee brachte, wo sie das längst überfällige Frühstück bekamen. Bis ich eine gute Stunde später mit Uli dort ankam, schaukelte Sophie fröhlich und Emma quatschte mit den beiden in Schuluniform gekleideten Teenagern.
Uli lud uns auf den Schreck hin dann auch noch in Tzaneen in dem riesigen Restaurant ihres Freundes namens „Olive Tree“ zum Sushiessen ein, sodass wir erst gegen halb vier wieder auf der Farm waren. Zum Abendessen wollte sie dann auch noch lecker für uns kochen, aber wir drei ließen uns ziemlich erschöpft lieber ins Buschcamp fahren, wo wir die frisch gekauften Rinderfilets und die am Vortag selbst geernteten Bohnen mit Kartoffelbrei verspeisten. Während mir das Kochen beim Beruhigen half, kuschelte Emma sich beim Lesen unter die Decke und Sophie designte ein paar Kleidchen in ihrem Modelbuch. Bis das Essen auf dem Tisch stand, war die Stimmung wieder so gut, dass wir vor Lachen fast unter den Tisch fielen, weil die Hollandoma uns in einer WhatsApp als „kanjers“ bezeichnet hatte. Da keiner von uns dreien dieses Wort kannte, fragten wir Google nach einer Übersetzung und überlegten dann kichernd, ob wir nun Kanonen, Kolosse oder Prachtexemplare waren? Klar war auf jeden Fall am Ende dieses Tages, dass wir unglaubliche Glückspilze sind, denn auch wenn der Unfall unnötig und schockierend war, geht es uns allen gut.